Mit seiner Hartz-IV-Kritik hat FDP-Chef Westerwelle vor allem die Opposition gegen sich aufgebracht. Jetzt distanziert sich auch Kanzlerin Merkel.
Berlin. Eine Welle der Entrüstung rollt zurzeit über FDP-Chef Guido Westerwelle hinweg. Seine Kritik an der Hartz-IV-Debatte bringt Politiker aller Couleur auf die Barrikaden. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ging jetzt auf Distanz zu ihrem Vizekanzler.
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„Das ist sicher weniger der Duktus der Kanzlerin“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Sabine Heimbach. Die Sprachführung, die jeder bei dem Thema wähle, sei unterschiedlich. Bei der „Kommentierung seitens des FDP-Vorsitzenden“ handele es sich um eine Stellungnahme innerhalb einer parteipolitischen Diskussion. In der Bundesregierung bestehe Einvernehmen darüber, dass das Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts schnell umgesetzt werden solle, fügte Heimbach hinzu.
Westerwelle hatte nach dem Hartz-IV-Urteil der Verfassungsrichter in einem Gastkommentar für die "Welt" geschrieben, die Debatte über die Folgen aus dem Richterspruch trage „sozialistische Züge“. Zudem hatte er vor Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Leistungsgedanken gewarnt. „Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.“
Durch die Kritik, die er mit seinem Beitrag auslöste, fühlte er sich noch weiter angestachelt. Die wütenden Reaktionen aus dem linken Lager zeigten doch, dass er den Finger in die Wunde gelegt habe, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Man dürfe nicht nur auf diejenigen sehen, die auch in Zukunft Solidarität brauchen. „Wer arbeitet, darf nicht mehr und mehr zum Deppen der Nation gemacht werden“, wetterte Westerwelle weiter. Für viele Linke sei Leistung ja beinahe eine Form von Körperverletzung. Eine Entschuldigung für seine Äußerungen lehnte Westerwelle ab. Zu seiner Wortwahl sagte er: „Ich spreche die Sprache, die verstanden wird.“
Die Opposition läuft seit seinem Gastbeitrag Sturm. „Wer so etwas sagt, hat die Lebensrealität der Menschen völlig aus dem Auge verloren. Ich finde, da ist eine Entschuldigung fällig“, forderte etwa der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) im ZDF.
Grünen-Chef Cem Özdemir kritisierte: „Die FDP spielt gnadenlos Geringverdiener gegen Arbeitslose aus und zündelt so am sozialen Frieden im Land.“ Westerwelle schwebe auf einer wattigen Luxuswolke. Nicht weniger heftig reagierte die Linke auf Westerwelle. „Kaum brechen die Umfragewerte zu Recht ein, keilt und tritt Westerwelle nach den Schwächsten in der Gesellschaft“, sagte der Bundesgeschäftsführer der Linken, Dietmar Bartsch.