In einer Gedenkstunde ist im Bundestag an die Opfer des Holocaust erinnert worden. Israels Präsident Schimon Peres hielt eine bewegende Rede.
Berlin. Mit einer eindringlichen Rede hat der israelische Präsident Schimon Peres im Bundestag an die Opfer des Holocaust erinnert und die Bestrafung noch lebender NS-Verbrecher gefordert. Zugleich warnte er am Mittwoch in einer Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus vor „blutrünstigen Diktatoren“ mit Massenvernichtungswaffen im Iran. Der 86-jährige Friedensnobelpreisträger war nach Ezer Weizman und Mosche Katzav der dritte israelische Präsident, der vor dem Parlament sprach.
+++ ZUM GEDENKTAG: DIE OPFER AUS HAMBURG +++
Der Bundestag begeht den Holocaust-Gedenktag jedes Jahr mit einer Feierstunde, zu der die höchsten Repräsentanten des Staates eingeladen sind. Peres wies in seiner 35-minütigen Rede darauf hin, dass die Zahl der Überlebenden der Shoa täglich abnehme. Gleichzeitig lebten noch immer überall auf der Welt die Täter. „Ich bitte Sie: Tun Sie alles, um diesen Verbrechern ihre gerechte Strafe zu erteilen“, sagte Peres. Um eine zweite Shoa zu verhindern, müsse Frieden mit allen Ländern bewahrt werden, sagte Peres. Nie wieder dürften „blutrünstige Diktatoren ignoriert werden, die sich hinter demagogischen Masken verbergen und mörderische Parolen von sich geben“.
Die Drohungen, Israel zu zerstören, kämen von nicht zurechnungsfähigen Menschen, sagte er mit Blick auf die iranische Führung. Ein Regime, das mit Zerstörung drohe und Atomkraftwerke und Nuklearraketen besitze, mit denen es sein eigenes Land wie auch andere Länder terrorisiere, sei eine Gefahr für die ganze Welt.
Peres betonte, Israels Ziel sei es, mit seinen Nachbarn in Frieden zu leben. Sein Staat stimme einer Zweistaatenlösung mit den Palästinensern zu. Man zögere nicht, für den Frieden einen Preis zu zahlen und sei bereit, auf Gebiete zu verzichten. Für seine Rede erhielt der 86-Jährige, der am Montag zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Berlin eingetroffen war, langahaltenden Beifall, unter anderen von Bundespräsident Horst Köhler und Kanzlerin Angela Merkel.
Vor Peres hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert gesprochen und die besondere Verantwortung Deutschlands für den Staat Israel bekräftigt. „Wo sein Existenzrecht gefährdet ist, gibt es für uns Deutsche keine Neutralität“, sagte der CDU-Politiker. „Manches ist verhandelbar, das Existenzrecht Israels nicht“, betonte er. Ein atomar bewaffnetes, offen antisemitisches Regime in seiner Nachbarschaft sei nicht nur für Israel unerträglich, die Weltgemeinschaft dürfe eine solche Bedrohung nicht dulden.
Zum Abschluss der Gedenkstunde merkte der Holocaust-Überlebende, der polnische Historiker Feliks Tych, kritisch an, dass auch Menschen in osteuropäischen Staaten am Völkermord beteiligt gewesen seien. Die Komplizenschaft der einheimischen Bevölkerung am Massenmord müsse aufgearbeitet werden. Vor 65 Jahren, am 27. Januar 1945, war das Vernichtungslager Auschwitz durch sowjetische Truppen befreit worden. Diesen Tag erklärten die Vereinten Nationen im Jahr 2005 zum internationalen Holocaust-Gedenktag. In Deutschland ist dieser Tag seit 1996 der zentrale Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus.