Die Zahlungen steigen so stark wie noch nie. Kritiker fühlen sich “ausgepresst wie eine Zitrone“. Alleinerziehende begrüßen die Erhöhung.
Hamburg/Düsseldorf. Trennungs- und Scheidungskinder haben Anspruch auf eine satte Erhöhung der Unterhaltszahlungen. Nach der gestern vorgestellten neuen Düsseldorfer Tabelle, die als Richtlinie für den Unterhaltsbedarf von Kindern getrennter Eltern gilt, steigen die Zahlungen zum 1. Januar um etwa 13 Prozent - so stark wie noch nie. Unterhaltspflichtige Elternteile müssen jetzt pro Kind zwischen 27 und 69 Euro mehr im Monat zahlen. Je nach Kindesalter und nach Einkommen des Unterhaltspflichtigen liegen die Zahlungen zwischen 225 bis 597 Euro (abgezogen von den Tabellenwerten ist die Hälfte des Kindergeldes von 92 Euro, bei Volljährigen das komplette Kindergeld).
Der Grund für die kräftige Steigerung liegt im Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das eine Erhöhung des Kinderfreibetrags von 6024 auf 7008 Euro im Jahr festlegt und eine Steigerung des Kindergeldes von 20 Euro für das erste und für das zweite Kind auf je 184 Euro vorsieht. Diese Entwicklung mussten die Richter des Oberlandesgerichts Düsseldorf in der neuen Tabelle berücksichtigen.
Seit 2008 richten sich die Unterhaltssätze nach dem steuerlichen Kinderfreibetrag, der sich am Existenzminimum orientiert. Für Getrenntlebende, die unterhaltspflichtig sind, wird die Erhöhung des Kinderfreibetrags, der eigentlich die Familien entlasten sollte, deshalb zur Belastung. Dies räumte auch der Koordinator der Tabelle ein, der Düsseldorfer Familienrichter Jürgen Soyka. Zahlreiche Kinder gingen überdies leer aus, weil viele Unterhaltszahler nicht in der Lage seien, nur den Mindestunterhalt zu leisten.
Eine zu große Belastung der Zahler sieht auch der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV). "Die Unterhaltszahler sind schon ausgepresste Zitronen. Man sollte sie nicht noch mehr pressen", sagte der Verbandsvorsitzende Josef Linsler. Gegenüber dem Abendblatt meinte er, die neue Tabelle sei "absolut lebens- und wirklichkeitsfern". "Die Löhne und die Wirtschaftslage geben keine 13-prozentige Erhöhung her", sagte er.
Beim Verband alleinerziehender Mütter und Väter herrschte hingegen Freude. Nun würden auch viele Alleinerziehende von den Steuererleichterungen profitieren. Laut Verband haben 2,2 Millionen Kinder unter 18 Jahren das Recht auf Unterhaltszahlungen.