Schleswig-Holsteins Ministerpräsident gab Blockade gegen das Vorhaben auf. Scharfe Kritik von den Sozialdemokraten.
Berlin/Kiel. Es war ein laut vernehmliches "Ja", mit dem Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) Freitag im Bundesrat den Weg freimachte für das Milliarden-Steuersenkungspaket. Und so zugleich einen Schlussstrich unter das wochenlange Gezerre zwischen Bund und Ländern zog, das das Wort vom "Fehlstart" der schwarz-gelben Koalition geprägt hatte.
Mit der Mehrheit der sieben von Union und FDP geführten Länder stimmte der Bundesrat für das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Im Gegenzug stellte die Regierung Ländern und Kommunen Entlastungen in Aussicht, die aber im Ungefähren blieben. Die Steuererleichterungen und Vergünstigungen über insgesamt 8,5 Milliarden Euro für Familien, Unternehmen, Erben und Hoteliers treten zum 1. Januar 2010 in Kraft .
Erst am Vorabend hatten Schleswig-Holsteins Regierungschef Peter Harry Carstensen beim Treffen der Unions-Länderchefs mit Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) eingelenkt. Sein Protest hatte sich gegen eine mangelnde Kompensation der Steuerausfälle in Schleswig-Holstein gerichtet, die bei 130 Millionen Euro pro Jahr liegen sollen.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) erinnerte an die Kritik vieler Experten: "Ich habe es noch nie erlebt, dass ein Gesetz so einhellig abgelehnt wurde wie dieses", rief er aus.
Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigten dagegen im Bundesrat die geplanten Steuererleichterungen. Angesichts eines Konjunktureinbruchs von rund fünf Prozent sei es notwendig, das Wachstum anzukurbeln. Koch nannte die Änderungen bei der Erbschaftssteuer zudem eine Frage von Gerechtigkeit. Künftig sollen Geschwister sowie Nichten und Neffen bei einer Erbschaft weniger Geld an den Fiskus entrichten müssen. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagte: "Ich freue mich, dass der Bundesrat grünes Licht gegeben hat für ein wichtiges Gesetz, das Impulse für Wachstum und Beschäftigung setzen wird." Sie erinnerte daran, dass "der größte Teil der Steuerentlastungen" Familien mit Kindern zugute komme. "Insgesamt unterstützen wir mit den beschlossenen Entlastungen die Kaufkraft und die Bereitschaft zu neuen Investitionen." Das sei ein "richtiger und wichtiger Schritt", um das Land aus der Krise zu führen. Aigner: "Wir stellen sicher, dass Gastronomen in Grenzregionen konkurrenzfähig bleiben. Das ist gut für die Wirtschaft. Natürlich wünschen wir uns, dass die Entlastung an die Hotelgäste weitergegeben wird."
Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sprach von einem "ganz entscheidenden, wichtigen Tag - weniger für die Politiker hier in Berlin, sondern handfest für die Bürgerinnen und Bürger zu Hause."
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sah das anders: "Die Regierung trägt wie ein Glaubensdogma vor sich her, dass Steuergeschenke automatisch zu Wachstum führen und man damit den Hauhalt sanieren kann."
Unklar blieb auch am Freitag, wie weit die politischen Zusagen des Bundes an die Länder reichen, da der von den Ministerpräsidenten geforderte höhere Anteil an der Umsatzsteuer nur vage in Aussicht gestellt wurde und die vom Bund zugesagte stärkere Mithilfe bei der Finanzierung von Bildung sich auf zusätzliche Projekte bezieht.
Carstensen, der wochenlang auf einen Ausgleich gepocht hatte, verzichte auf eine Rede. In Kiel verteidigte man seinen Kurs."Wir bekommen die Kompensation, die wir brauchen", sagte CDU-Fraktionschef Christian von Boetticher.