Kurzzeitig sah es so aus, als wolle Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen alle seine Kritiker Lügen strafen. Der bespöttelte “König der Volksfeste“ hatte sich in der Steuersenkungsdebatte als kämpferischer Deichgraf profiliert und gegen die Schuldenflut gekämpft.
Mit markigen Worten und guten Argumenten kritisierte er das milliardenteure "Wachstumsbeschleunigungsgesetz". Noch vor drei Wochen donnerte der CDU-Politiker der Kanzlerin entgegen: Ihr habt sie doch nicht alle.
Am Freitag bei der Abstimmung im Bundesrat verzichtete der Nordfriese nicht nur auf deftige Worte, sondern gleich auf eine Rede und sagte nur eins zum Wachstumsgesetz: "Ja". Auch wenn der Ministerpräsident den Bund durch seinen wochenlangen Widerstand zu einigen Zugeständnissen bewegen konnte und sich als Gewinner fühlen mag - er geht als Verlierer. Er startete als Held und verließ die Bühne als Maulheld. Denn in seinem Widerstand hatte Carstensen recht - und daran hat sich nichts geändert: Trotz einiger sinnvoller Entlastungen ist das "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" in großen Teilen ökonomischer Irrsinn. Statt gezielt Investitionen zu finanzieren, werden das Kindergeld und die Kinderfreibeträge erhöht und Steuergeschenke an Hoteliers verteilt. Den Fiskus kostet das in Zeiten zerrütteter Staatsfinanzen 8,5 Milliarden Euro jährlich. Schon jetzt ist klar: Die Entlastung von heute sind die Schulden von morgen und die Steuern von übermorgen.
So könnte sich der gefühlte Sieg der schwarz-gelben Koalition im Bundestag rasch als politischer Pyrrhussieg entpuppen. Zumal sich die FDP seit gestern in ihrem Steuersenkungskurs noch bestätigt fühlt und bereits weitere Entlastungsschritte in Aussicht stellt. Auf die Rolle Carstensens in Zukunft darf man schon jetzt gespannt sein.