Dem letzten Willen Lambsdorffs entsprechend gab es auf der Trauerfeier am Sonnabend kaum Blumen und keine Ansprachen.
Brandenburg/Havel. Er wollte keinen Staatsakt und keine großen Reden. An Stelle von Kränzen und Blumen hatte sich Otto Graf Lambsdorff Spenden für den Dom in Brandenburg/Havel gewünscht. Seine Trauerfeier war schlicht und entsprach damit dem letzten Willen des FDP-Ehrenvorsitzenden. Unter der Trauernden waren Bundespräsident Horst Köhler, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Gekommen waren auch Außenminister Guido Westerwelle sowie die Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel (alle FDP), um von dem am 5. Dezember im Alter von 82 Jahren Gestorbenen Abschied zu nehmen. „Der Pfarrer möchte Gott für mein Leben danken – keine weiteren Reden“ – diese Anweisung habe Lambsdorff hinterlassen, sagte Wolfgang Huber, früherer Bischof der Evangelischen Kirche Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz in dem Trauergottesdienst vor etwa 500 Gästen.
Lambsdorffs Wunsch wurde entsprochen: Es gab keine politischen Reden, keine Ansprachen. Selbst Westerwelle lief ohne Kommentar und mit betroffenem Blick an dem Spalier von Journalisten vor dem Dom vorbei. Auch Lambsdorffs Bitte, auf Blumen zu verzichten, kam die Mehrheit der Trauernden nach. Nur sieben Kränze und Gestecke aus mehrheitlich weißen und roten Rosen schmückten die Stufen des Kirchenportals. Die Witwe, Alexandra Gräfin Lambsdorff, betrat mit drei weißen Rosen in der Hand die Kirche. Im Dom herrschte eisige Kälte, eine blaue Decke lag auf jedem Stuhl. Huber, von mehreren Kerzen in warmes Licht getaucht, würdigte den Verstorbenen als Menschen, „der zum Einsatz bereit war bis zum letzten Atemzug“. Die Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges hätten Lambsdorff tief geprägt. „Um ihn trauert unsere Nation. Um ihn trauert eine internationale Gemeinschaft. Um ihn trauert auch unsere Kirche“, sagte Huber.
Merkel hatte den Verstorbenen nach der Todesnachricht als menschlich wie politisch gleichermaßen herausragenden Liberalen gewürdigt. Nach den Worten von FDP-Chef Westerwelle verlor die Partei einen ihrer wichtigsten Wegweiser der vergangenen Jahrzehnte. Lambsdorffs Stimme hatte in der deutschen Politik bis zuletzt Gewicht. Der „Marktgraf“, so sein langjähriger Spitzname, galt als unbedingter Verfechter der freien Marktwirtschaft und als scharfer Analytiker mit markiger Rhetorik. Lambsdorff hatte sich den Brandenburger Dom für die Trauerfeier gewünscht, da er in unmittelbarer Nähe einst einige Jahre im Internat der Ritterakademie gelebt hatte. Außerdem war er in der Stadt zur Schule gegangen. 1995 war Lambsdorff Mitinitiator eines Fördervereins zur Rettung des sanierungsbedürftigen Bauwerks.
Im gotischen Innenraum der Kirche wurde auf jegliche Dekoration verzichtet. Einzig Lambsdorffs Sarg aus Tannenholz war mit roten Rosen bedeckt. Der Gang zwischen den Bankreihen ließ den Bestattern nur wenig Raum. Auf einem Wagen, eingeschlagen in dunkelgrünem Samt, schoben sie ihn durch das Kirchenschiff. Ein Trauerzug, angeführt von Huber, folgte ihnen langsam und bedächtig. Der Domvorplatz verwandelte sich in ein Meer aus schwarzen Schirmen, als Lambsdorffs Sarg die letzten Meter bei strömenden Regen zum Leichenwagen getragen wurde. Wassertropfen legten sich auf die Rosenblätter. Lediglich das Geläut der Domglocken durchbrach die Stille. Beigesetzt werden soll Lambsdorff Anfang 2010 in einem Urnengrab auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf. Auf der alten Prominenten- Ruhestätte vor den Toren Berlins befindet sich seit 83 Jahren eine Grabstätte der Familie.