Karl-Theodor zu Guttenberg ist in Kundus eingetroffen. Dort warnte er von einer Diskreditierung der deutschen Soldaten in Afghanistan.
Kundus. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat vor Soldaten im nordafghanischen Kundus den geplanten Untersuchungsausschuss zum Luftangriff vom September als notwendig bezeichnet. Zugleich warnte er bei seinem Truppenbesuch am Freitag vor einer Diskreditierung der Soldaten. Die Bundeswehr zitierte den Minister auf ihrer Homepage mit den Worten: „Hier besteht ein berechtigter Aufklärungsbedarf des Deutschen Bundestages (...) Ich möchte größtmögliche Transparenz gegenüber dem Parlament und dem deutschen Volk.“ Guttenberg habe aber gemahnt, der Untersuchungsausschuss dürfe nicht „zur Diskreditierung der Soldaten“ führen, sondern müsse „zur Optimierung der Rechtssicherheit“ beitragen. Für die Soldaten in Afghanistan müsse Rechts- und Handlungssicherheit bestehen.
Guttenberg war zuvor zu einem überraschenden Blitzbesuch im afghanischen Kundus eingetroffen. An seiner Seite sind Verteidigungsexperten des Bundestages. Er wolle dort mit den deutschen Soldaten auch über den umstrittenen Luftangriff bei Kundus mit zivilen Opfern sprechen, sagte der CSU-Politiker vor dem Abflug der ARD. Einem Bericht des ARD-“Morgenmagazins“ zufolge soll die Visite eintägig sein. Guttenberg wollte bereits am Freitagabend wieder in Berlin sein. Er wurde auf seiner Reise von Obleuten der Bundestagsfraktionen begleitet. Journalisten waren nicht in der Delegation.
Bei dem vom deutschen Oberst Georg Klein befohlenen Luftangriff auf zwei Tanklastwagen am 4. September waren nach NATO-Angaben bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt worden, darunter viele Zivilisten. Guttenberg hatte den Angriff am 6. November nach Auswertung der NATO- Untersuchung zunächst als militärisch angemessen bezeichnet. In der vorigen Woche korrigierte er diese Bewertung. Die Bombardierung sei nicht militärisch angemessen gewesen, urteilte er nach der Durchsicht weiterer Berichte, die ihm nach eigenen Angaben bei seiner ersten Bewertung nicht vorgelegen hatten. Inhaltlich hat er seine Kehrtwende noch nicht begründet. Die Opposition hatte den CSU-Politiker in den vergangenen Tagen deswegen massiv unter Druck gesetzt, die Gründe für seine Neubewertung offenzulegen.
Auch die Frage der Entschädigung der Angehörigen der zivilen Opfer könnte ein Thema während des Besuchs sein. Kurz bevor Guttenberg zu seinem Truppenbesuch in Afghanistan aufgebrochen war, hatte erneut für eine schnelle und unbürokratische Entschädigung der Angehörigen angekündigt. Durch die Bombardierung zweier von Taliban gekaperter Tanklaster sei Zivilisten „fürchterliches Leid“ widerfahren, sagte er in einem Interview der ARD, das kurz vor seinem Abflug nach Afghanistan aufgezeichnet worden war.
Von Wiedergutmachung wollte Guttenberg in diesem Zusammenhang allerdings nicht sprechen. Den Tod von Zivilisten werde man „nie wieder gutmachen können“. Er versprach aber zügige und der afghanischen Kultur gerecht werdende Gespräche über die Entschädigung. Die Verhandlungen würden keinen „langen Weg in Deutschland“ gehen. Zugleich betonte er, dass er mit seinem Besuch in Kundus die Botschaft senden wolle, dass er als Verteidigungsminister und auch der Großteil der Bevölkerung hinter den Soldaten und dem Einsatz in Afghanistan stehe.
Am Donnerstag hatte der Verteidigungsminister in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ für verstärkte zivile Bemühungen plädiert. „Afghanistan ist nicht mit militärischen Mitteln zu gewinnen“, sagte der CSU-Politiker. Nötig seien stärkere zivile Elemente wie Entwicklungshilfe. Aber zu deren Schutz sowie für die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte sei weiterhin Militär erforderlich. „Soldaten halten ihren Kopf auch hin, damit Entwicklungshilfe stattfinden kann“, sagte zu Guttenberg. Er wiederholte frühere Aussagen, dass „in Teilen Afghanistans kriegsähnliche Zustände herrschen“.