Die neue Einschätzung des Luftangriffs in Afghanistan verwirrt die Bundeswehr. Die Soldaten sind „ein bisschen sauer“.
Berlin. Nach den militärischen Pannen und dem Informationsdesaster um den Luftangriff in Kundus hat der Bundeswehrverband die Bundeskanzlerin aufgefordert, den Afghanistan-Einsatz zur Chefsache zu machen. Zudem verlangte Verbandschef Ulrich Kirsch im ZDF eine Begründung für die plötzliche Neubewertung des Luftangriffs auf zwei Tanklaster am 4. September.
„Wir alle können das nicht bewerten, weil wir die geheimen Unterlagen nicht kennen“, sagte Kirsch. „Die Begründung ist nachzuliefern.“ Er bezog sich auf Äußerungen von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der den vom deutschen Oberst Georg Klein befohlenen Luftangriff erstmals als militärisch nicht angemessen bezeichnet hatte. Bei der Attacke waren bis zu 142 Menschen getötet worden, darunter wohl auch Zivilisten.
Kirsch sagte, er sei „ein bisschen sauer“, da Klein nun eine schwierige Zeit durchmache. „Es wird nicht verstanden, wie es Oberst Klein gehen muss“, sagte Kirsch. Deshalb müssten „alle Beteiligten wirklich einen Zahn zulegen“. Er stellte sich ausdrücklich vor Klein. Darüber hinaus äußerte Kirsch deutliche Kritik an der bisherigen Afghanistan-Strategie. Beim zivilen Wiederaufbau, bei der Ausbildung von Polizei und dem Aufbau der Verwaltung, sei „Zeit verplempert“ worden. Nun müsse man sich die Zeit nehmen, genau zu analysieren und zu bilanzieren. Der Aufbau sei eine Aufgabe vieler Ressorts in der Bundesregierung, sagte er. Deshalb richte sich sein Appell an die Chefin, Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte nach Guttenbergs Neubewertung des Angriffs, die Opposition versuche nun, „möglichst nahe am Kanzleramt“ die Verantwortung für die Pannen zu suchen. Merkel habe sich auch bei ihrer Regierungserklärung am 8. September völlig korrekt verhalten. „Ich sehe da überhaupt kein Problem, das zu korrigieren“, sagte Kauder. (AP)