Union und FDP haben die Verhandlungen über die Regierungsbildung begonnen. Zuerst kommen die Zahlen auf den Tisch. Und die sind nicht gut.
Berlin. Vor den Koalitionsverhandlungen haben Union und FDP getrennt voneinander ihre Verhandlungslinien abgestimmt. Zumindest die Stimmung schien vor Beginn der Gespräche in Berlin positiv. Nach Angaben von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) geht es zunächst um den Fahrplan, die Themen und die Einsetzung der Arbeitsgruppen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa will Kanzleramtsminister Thomas de Maizière einen Überblick über die Haushaltslage geben.
CSU-Chef Horst Seehofer sagte, die Konsolidierung des Haushalts und Steuersenkungen schlössen sich nicht aus. Jedes Koalitionsgespräch sei schwierig. „Ich kenne keine einfachen Koalitionsverhandlungen.“ Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) betonte, die Gespräche seien anders als vor vier Jahren: „Wir gehen in Verhandlungen, die wir gewollt haben.“ Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) versprach, „dass das keine Koalition der Zumutungen“ wird. Die Verhandlungen finden statt in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung.
Das Gebäude am Tiergarten ist nicht nur architektonisch eine Besonderheit. Der Ort ist symbolisch, Koalitionsverhandlungen haben in der Institution eine große Tradition. Als die Bundesregierung und die Landesvertretung noch in Bonn waren, schmiedeten Willy Brandt und Walter Scheel 1969 dort das sozial-liberale Bündnis. Auch die rot-grüne Koalition wurde 1998 von Gerhard Schröder und Joschka Fischer in der NRW-„Botschaft“ geschlossen.
Die Dauer von Regierungsbildungen gilt als Indiz für das Ausmaß der Probleme zwischen den Koalitionspartnern. Knapp 38 Tage vergingen im Schnitt seit 1949 vom Wahltermin bis zur Vereidigung der Bundesminister. Die Rekordzeit von 73 Tagen brauchte 1976 die zweite SPD/FDP-Regierung von Helmut Schmidt (SPD). Ein schwieriges Thema war die Sanierung der Renten- und Krankenversicherung. 65 Tage nach der Bundestagswahl leistete 2005 Angela Merkels schwarz-rote Ministerriege ihren Amtseid.
Die roten und grünen Minister von Gerhard Schröder (SPD) leisteten ihren Amtseid 1998 und 2002 jeweils genau einen Monat nach den Wahlen. Gerade mal 23 Tage vom Tag der Wahl bis zur Vereidigung der Minister vergingen in den Jahren 1969 und 1983. Die sozial-liberale Koalition von Willy Brandt (SPD) und Walter Scheel (FDP) war 1969 rasch vereinbart, weil es große Gemeinsamkeiten in der Außenpolitik und bei innenpolitischen Reformvorhaben gab. 1983 fanden Union und FDP unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) rasch zusammen, weil sie schon seit der politischen Wende 1982 miteinander regierten.