Der Verband der Redenschreiber deutscher Sprache hat Guido Westerwelle zum besten Rhetor gekürt.
Berlin. Wer Politiker wird, hört sich gerne reden. Ob ihm die Wähler auch gerne zuhören, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt. Unter Deutschlands Spitzenpolitikern ist Guido Westerwelle der beste Redner. Sagt der Verband der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS), der die Wahlkampfreden der zurückliegenden vier Monate unter die Lupe genommen hat. Laut VRdS schneidet der FDP-Vorsitzende deshalb so gut ab, weil er besonders klar und einprägsam spricht und seine Reden mit "originellen" Metaphern garniert.
Mit Sprüchen wie: "Bei den Großen kommt der Bundesadler, bei den Kleinen der Pleitegeier." Auch der Kanzlerin wird rhetorische Stärke attestiert. Angela Merkel wirke "einnehmend" und nicht mehr "konfrontativ" wie noch vor vier Jahren, erklärte VRdS-Vorstandsmitglied Vazrik Bazil am Donnerstag in Berlin. Die CDU-Vorsitzende habe sich einen neuen Wahlkampfstil angeeignet, "der von Erzählungen, privaten Geschichten und Zahlen in gut dosierten Mengen geprägt ist".
Von Frank-Walter Steinmeier waren die Profis weniger begeistert. Punkten konnte der SPD-Kanzlerkandidat in ihren Augen nur mit seiner Parteitagsrede vom Juni. Als Straßenwahlkämpfer konnte er keinen Eindruck machen. VRdS-Präsidentin Minita von Gagern kritisierte, Steinmeier verliere sich zu oft in "akademischer und ausgesprochen langweiliger Technokratensprache". Bazil ergänzte: "Wenn er sich kämpferisch gibt, kauft man ihm das nicht ab." Steinmeier, so sein Ratschlag, müsse einen alten Kniff anwenden und sich verhalten wie der, der er sein wolle: "Also wie ein amtierender Bundeskanzler." Bessere Noten bekamen die Links-Politiker Gregor Gysi und Oskar Lafontaine. Gysi sei der witzigste gewesen, Lafontaine der kämpferischste. Jedenfalls auf der Straße. Lafontaines Parteitag-Auftritt sei hingegen "unerwartet schwach" und "mit Zahlen überfrachtet" gewesen, resümierte Bazil.
Seit Mai hat der VRdS zunächst die Auftritte der Spitzenkandidaten auf den Wahlparteitagen ausgewertet, anschließend dann die Reden auf Kundgebungen und Veranstaltungen. Beurteilt wurden einerseits Aufbau, Stil und Argumentation der Reden, andererseits aber auch Kriterien wie Körpersprache, Stimme und Glaubwürdigkeit. Insgesamt, so Minita von Gagern, seien politische Reden oft unkonkret und allgemein. Also auch "allseits zustimmungsfähig und damit austauschbar".