FDP-Spitzenpolitiker Solms warnt die CSU davor, wie im Jahr 2005 ihre eigenen Kräfte zu überschätzen.
Berlin. Die Macht der Gewohnheit kriegt vieles klein, aber offenbar nicht die unterschwellige Aversion zwischen der CSU und dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle. Gegen den Liberalen zu sticheln, hat in Bayern Tradition, und der neue CSU-Vorsitzende macht da keine Ausnahme.
Westerwelle sei "gut im Austeilen, aber manchmal ein Sensibelchen", hat Seehofer am Freitag im Gespräch mit der "Bild"-Zeitung gemeint. Gleichzeitig forderte er von der FDP eine klare Koalitionsaussage zugunsten der Union. "Ein Satz von Herrn Westerwelle" reiche ihm da nicht.
Die FDP solle sich "jetzt endgültig festlegen". Die Union wolle mit der FDP regieren und habe das in ihrem Wahlprogramm auch erklärt. "Die gleiche Klarheit und Verlässlichkeit", so der CSU-Vorsitzende, "erwarte ich jetzt auch von der FDP." Dann müsse auch niemand mehr fürchten, "dass eine Stimme für die FDP am Ende eine Stimme für eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen ist".
Die Liberalen gaben sich angesichts der Seehoferschen Attacken betont gelassen. Die Äußerungen seien "der Nervosität der CSU geschuldet", sagte Bundestags-Vizepräsident und FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms dem Abendblatt. "Die FDP will eine bürgerliche Koalition nach dem 27. September, darüber muss sich Seehofer also keine Sorgen machen. Er sollte lieber zusehen, dass nicht dasselbe passiert wie 2005, als die Union ihre eigenen Kräfte schon einmal überschätzt hat."
Seehofer und Westerwelle beharken sich seit Tagen. Kaum hatte Seehofer in der "Welt am Sonntag" erklärt, er könne und wolle Westerwelle "aus heutiger Sicht" nicht vertrauen, konterte der Liberale via "Bild" mit der Bemerkung, der Bayer schieße "aufs falsche Tor": Seehofers Attacken würden "die guten Aussichten auf eine schwarz-gelbe Mehrheit" gefährden.
Überraschend kam diese über die Medien ausgetragene Fehde nicht. Die CSU fürchtet, dass ihr die FDP - mit der sie seit der letzten Landtagswahl die Macht in Bayern teilen muss, weil es im September 2008 nicht mehr für die absolute Mehrheit gereicht hat - weitere Wähler wegnehmen könnte. Und selbstverständlich ist das genau das, was die Liberalen gerne täten.
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sprang Seehofer inzwischen mit der Erklärung bei, wo FDP draufstehe, sei nicht immer die bürgerliche Politik enthalten, die sich die Union vorstelle. Beispielsweise sei das von den Liberalen gewollte Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit der CSU nicht zu machen. Und am Freitag äußerte sich dann auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla zur Causa Seehofer-Westerwelle. Pofalla sagte der "Saarbrücker Zeitung", Guido Westerwelle sei "in der Tat jemand, der gerne austeilt und sich schon mal angesprochen fühlt von Kritik, die nicht einmal auf ihn abzielt". Mit der Einschätzung, dass der Chef der Liberalen ein "Sensibelchen" sei, habe der Bayer also "nicht so unrecht".
Auch Pofalla forderte Guido Westerwelle und die Liberalen dazu auf, sich endlich deutlicher zu einer Koalition mit der Union nach der Bundestagswahl am 27. September zu bekennen. "Es wäre gut und somit unmissverständlicher, wenn der Bundesvorstand der FDP das auch in seiner nächsten Sitzung klipp und klar feststellt", so der CDU-Generalsekretär.
Tatsächlich wollen die Liberalen ihre offizielle Koalitionsaussage erst auf ihrem Parteitag am 20. September treffen. Eine Woche vor der Bundestagswahl.