Der Chef der Steuergewerkschaft warnt: Etwa jeder zehnte Ruheständler erhält Post vom Finanzamt. Allerdings gibt es eine Bagatellgrenze. Wegen der Informationspolitik der Bundesregierung sind die Rentner verunsichert.
Berlin. Etwa zwei Millionen Rentner müssen mit Steuernachzahlungen rechnen. „Wir werden maximal zwei Millionen neue Steuerfälle aufnehmen müssen. Drei Millionen haben wir heute schon in der Besteuerung, weil sie Nebeneinkünfte oder ähnliches haben“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, in Berlin. Für die zurückliegenden Fälle seit dem Beginn der Rentenbesteuerung 2005 bis zum Jahr 2007 sei die Zahl der betroffenen Nachzahler jedoch unklar. Da es sich nicht lohnt, auch Bagatellbeträge von einigen Cent oder Euro einzutreiben, haben die Steuerfahnder eine Art Filter. Dadurch gibt es faktisch eine sogenannte Bagatellgrenze. Ondracek schätzt, dass sie bei 200 Euro liegt.
Wegen der geplanten Kontrollen von Finanzämtern bei Rentnern ist die Informationspolitik der Bundesregierung in die Kritik geraten. „Die Rentner sind verunsichert. Sie wissen nicht, ob sie eine Steuererklärung abgeben sollen oder nicht“, sagte Steuer-Gewerkschaftschef Ondracek der „Berliner Zeitung“. Anita Käding vom Bund der Steuerzahler (BdST) hielt der Bundesregierung vor, sie hätte der Unsicherheit entgegenwirken müssen, „gerade bei denjenigen, die zuvor keine Erklärung mehr machen mussten und die von der Gesetzesänderung 2005 betroffen sind“.
Seit 2005 müssen Rentner als Folge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts mindestens 50 Prozent ihrer Altersbezüge versteuern. Seitdem steigt der Anteil der Besteuerung der Renten schrittweise. Gleichzeitig können die Renten-Beitragszahler einen immer größeren Anteil für die Altersvorsorge von der Steuer absetzen. Somit werden die Modelle privater Altersvorsorge gefördert, die Ergebnisse und Erträge aber später besteuert.
Ein Alleinstehender, der 2006 in Rente ging, kann monatlich etwa bis zu 1560 Euro (jährlich etwa 18 800 Euro) erhalten (und keine weiteren Einkünfte), ohne dass er Steuern zahlen muss. Für Verheiratete gilt der doppelte Betrag von rund 37 600 Euro. Wer in diesem Jahr in Rente geht, kann noch ein Einkommen von rund 1360 Euro (16 400 Euro jährlich) beziehen, ohne Steuern zahlen zu müssen. Rentner, deren Einkommen höher ausfällt und die noch keine Steuererklärung eingereicht haben, müssen mit Nachfragen des Finanzamtes rechnen.