Hans-Jürgen Papier warnt im Abendblatt: Staat droht Handlungsfähigkeit zu verlieren.
Karlsruhe. Angesichts der Wirtschaftskrise hat Bundesverfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier die Politik davor gewarnt, immer neue Schulden zu machen. "Die Begrenzung der Staatsverschuldung ist vom Bundesverfassungsgericht als ganz zentrale Aufgabenstellung bewertet worden. Daran möchte ich gerade in der Krise erinnern", sagte Papier im Interview des Hamburger Abendblatts. "Das Ziel der Haushaltskonsolidierung sollte nicht aus den Augen verloren werden. Wenn sich der Staat über alle Maßen verschuldet, kann er die Lebensgrundlagen der Menschen auf Dauer nicht mehr sichern."
Der Gerichtspräsident forderte strengere Verschuldungsregeln für Bund und Länder. Es sei richtig, dass die Föderalismuskommission eine rigidere Schuldenbremse schaffen wolle, betonte Papier. "Ich halte es für außerordentlich wichtig, dass dieses Ziel trotz widriger Umstände auf der Tagesordnung bleibt." Eine Möglichkeit sei, ein absolutes Schuldenverbot, das nur in wirklichen Notzeiten durchbrochen werden dürfe, im Grundgesetz zu verankern. Die gegenwärtigen Verschuldungsregeln hätten sich "als unzureichend erwiesen".
Darüber hinaus müsse "der vorhandene Schuldensockel mittel- und langfristig abgebaut werden", forderte Papier. Beides sei "für den Erhalt und die Gestaltungsfähigkeit des demokratischen und sozialen Rechtsstaats von elementarer Bedeutung". Er sehe die Expansion der staatlichen Aufgaben und Ausgaben mit Sorge, bekräftigte der Präsident. "Wenn die Schuldenlast immer größer wird, geht insbesondere in Krisenzeiten die Lenkungs- und Gestaltungsfähigkeit des Staates verloren."
Die Große Koalition will im Januar ein zweites Investitionsprogramm zur Stützung der Konjunktur verabschieden, das nach Informationen der Süddeutschen Zeitung 25 Milliarden Euro umfassen soll. Am Dienstag verständigten sich Vertreter aller Landesregierungen mit Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) in Berlin darauf, bis Anfang Januar Schwerpunkte des Konjunkturpakets zu benennen.
Das Ziel, bis 2011 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, hat die Große Koalition schon vor Wochen aufgegeben. Die Neuverschuldung für 2009 wurde von 10,5 auf 18,5 Milliarden Euro erhöht. Haushaltsexperten fürchten, die Nettokreditaufnahme könnte sogar auf mehr als 30 Milliarden Euro steigen.