Dadurch soll die Privatsphäre der Ausgespähten gewahrt bleiben. Opposition will vor Verfassungsgericht.
Berlin. Das monatelange Gezerre um das BKA-Gesetz geht zu Ende. In einer abendlichen Sitzung einigten sich Union und SPD auf einen Kompromiss, mit dem beide Koalitionspartner zufrieden sind. Er sieht unter anderem vor, dass
Online-Durchsuchungen grundsätzlich von einem Richter genehmigt werden müssen, egal, wie eilig ein Fall ist. Dadurch soll die Privatsphäre der Ausgespähten gewahrt bleiben. Außerdem solle ein Richter entscheiden, welche Daten zum "unmittelbaren Kernbereich privater Lebensführung" gehörten und deshalb nicht ausgewertet werden dürften, sagte der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Zudem werden die Kompetenzen zwischen Bundeskriminalamt und den Landespolizeien klarer voneinander abgetrennt.
Mit dem "Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt" wird das BKA erstmals nicht nur für Strafverfolgung, sondern auch für Gefahrenabwehr zuständig sein. Rasterfahndung, Online-Durchsuchung, die Überwachung der Telekommunikation und die Ortung von Mobilfunkgeräten sollen ermöglicht werden. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hätte gerne noch weiter reichende Rechte für die Kriminalpolizei durchgesetzt.
Der Bundesrat hatte in seiner letzten Sitzung sein Veto gegen den Gesetzentwurf aus dem Bundestag eingelegt, weil sich mehrere Länder, in denen die SPD mitregiert, quergestellt hatten. Die sächsischen Sozialdemokraten, die zu den Verhinderern der ursprünglichen Fassung gehörten, signalisierten bereits Zustimmung zur neuen Version. Das Bundeskabinett rief gestern wie angekündigt den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat an. Erst dort kann ein Kompromiss beschlossen werden. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte, es gebe jetzt die begründete Hoffnung, dass im Vermittlungsverfahren die strittigen Punkte ausgeräumt werden können. Für die CDU-regierten Länder hat Hessens Innenminister Volker Bouffier bereits zugestimmt. Tut die SPD das auch, könnte das BKA-Gesetz noch zum 1. Januar 2009 in Kraft treten.
Nicht alle Kritikpunkte wurden geändert. So gilt das Zeugnisverweigerungsrecht künftig nur noch für Geistliche, Strafverteidiger sowie Bundestags- und Landtagsabgeordnete. Journalisten, Ärzte und andere Rechtsanwälte haben nur ein eingeschränktes Recht, Geheimnisse zu bewahren. FDP und Grüne haben bereits angekündigt, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Bleibe es bei dem von der Koalition jetzt ausgehandelten "winzigen Kompromiss, werden wir den Gang nach Karlsruhe beschreiten", erklärte der Grünen-Innenexperte Wolfgang Wieland.
Auch Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum kündigte erneut an, mit dem früheren Bundestagsvizepräsidenten Burkhard Hirsch (beide FDP) Verfassungsbeschwerde einzulegen. "Ich bin sehr enttäuscht über das, was da vereinbart worden ist", sagte FDP-Chef Guido Westerwelle.
Der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion, Wolfgang Neskovic, kritisierte: "Das BKA wird zu einer Behörde, unter deren Dach sich die Kompetenzen von Geheimdiensten und Polizeien vereinen." Der Deutsche Anwaltverein (DAV) wiederum bemängelte, durch das geplante BKA-Gesetz würden Bürgerinnen und Bürger unter einen Generalverdacht gestellt.
Die Polizeigewerkschaften begrüßten hingegen die Neuregelung: Mit den vorgesehenen Änderungen sei die Politik auf die wichtigsten Bedenken eingegangen, erklärte der Vorsitzende Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt. Auch Konrad Freiberg von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) lobte den Kompromiss als vernünftig.