Bis zu 30 000 Megawatt Strom sollen Offshore-Anlagen liefern. Das Bundesbauministerium weist geeignete Gebiete aus.
Berlin. Deutschland bekommt zwei große Regionen, in denen auf dem Meer Windenergie gewonnen werden soll: 800 Quadratkilometer in der Nordsee vor den Ostfriesischen Inseln und etwa 130 Quadratkilometer in der Ostsee nahe Rügen. Einen entsprechenden Raumordnungsplan hat das Bundesbauministerium unter Leitung von Wolfgang Tiefensee (SPD) fertiggestellt.
"Die Ausweitung von Offshore-Anlagen ist alternativlos", urteilte der Verkehrspolitiker Hans-Joachim Hacker (SPD) gegenüber dem Abendblatt. Natürlich würden die Windräder nicht direkt vor touristischen Hochburgen aufgestellt. Doch nur mit ihnen lasse sich der nötige Energiemix erzielen, um die in Meseberg und auf internationaler Ebene beschlossenen Pläne zur CO2-Reduzierung zu erreichen.
Nach Angaben des Bauministeriums sollen bis zum Jahr 2030 zwischen 25 000 und 30 000 Megawatt Strom aus Windenergie gewonnen werden. In einer ersten Tranche würden bis zum Jahr 2011 so viele Flächen freigegeben, dass 12 500 Megawatt gewonnen werden könnten. Im Ministerium wird davon ausgegangen, dass das Angebot gut ausgeschöpft wird. Bisher sind 14 Windparks mit 937 Anlagen vom zuständigen Hamburger Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) genehmigt worden, aber noch nicht gebaut. Für weitere 14 Windparks in den festgelegten Gebieten mit angestrebten 686 Anlagen liegen Anträge vor. Weitere sieben Parks mit 560 Windrädern und einer rechnerischen Leistung von bis zu 2800 Megawatt sind außerhalb der Vorranggebiete genehmigt. "Wir setzen auf regenerative Energien und nicht auf Atomkraft", sagte Tiefensee der "Welt am Sonntag". Bald schon sollen über 2000 Windmühlen im Wasser aufgestellt werden.
Die ersten Anlagen sollen noch in diesem Jahr vor der Insel Borkum gebaut werden. Zwölf Anlagen soll das mit Steuergeld geförderte Pilotprojekt "alpha ventus" zählen. Die Energieunternehmen E.on, RWE und Vattenfall planen den Park im Meer als Testfeld, um "grundlegende Erfahrungen mit Bau und Betrieb" zu sammeln. Die Technik steckt noch in den Kinderschuhen. Bereits in den Startlöchern steht auch die Bard Engineering GmbH aus Emden. Sie will noch im kommenden Jahr etwa 100 Kilometer vor Borkum den ersten kommerziellen Windpark in der Nordsee errichten. Auch das Windkraft-Unternehmen Energiekontor aus Bremen wird zu den ersten kommerziellen Betreibern eines Offshore-Parks gehören. Ende 2009 sollen 18 Anlagen nordöstlich der Insel Wangerooge laufen, ein Jahr später 80 Anlagen vor Borkum. "Es gibt lange Vorlaufzeiten, der Markt ist völlig überhitzt", sagt Sprecher Andre Silny. Bei den Spezialanfertigungen der bis zu 70 Tonnen schweren Großlager und Gussteile gibt es bereits jetzt erhebliche Engpässe.
Die Netzbetreiber sind per Gesetz verpflichtet, Anschlüsse zu schaffen. Die Kosten werden auf alle Stromkunden umgelegt. Mehr als 300 Million Euro sind es allein für einen Teilbereich vor Borkum, für den E.on zuständig ist. Netzbetreiber wie Vattenfall Europa wollen für die nötigen Leitungen rund 2,2 Milliarden Euro in neue Höchstspannungsnetze investieren.