Mit seiner Skrupellosigkeit katapultierte er sich an die Spitze der RAF.
KARLSRUHE. Seit mehr als 24 Jahren sitzt der ehemalige Terrorist Christian Klar in Haft. Der 54-Jährige gehörte zum inneren Zirkel der Rote Armee Fraktion (RAF) und war einer der meistgesuchten Terroristen der Bundesrepublik.
Klar wurde 1952 in Freiburg geboren und stammt aus bürgerlichem Haus. Seine Mutter war Physiklehrerin, sein Vater Vizepräsident des Oberschulamtes Karlsruhe. Nach dem Abitur 1972 studierte Klar Geschichte und Philosophie in Heidelberg. 1973 gründete er mit den späteren Terroristen Adelheid Schulz und Günter Sonnenberg eine Wohngemeinschaft in Karlsruhe. Später zog auch Knut Folkerts dort ein. In der RAF zählte das Quartett wegen der schwarzwaldnahen Herkunft zur sogenannten "Förstergruppe".
Der erste Schritt zur Radikalisierung erfolgte 1974. Klar beteiligte sich an der Besetzung des Hamburger Büros von Amnesty International, um auf die Haftbedingungen der RAF-Häftlinge aufmerksam zu machen. 1976 wurde Klar Mitglied der RAF und ging in den Untergrund. Dann, am 5. Januar 1977, am Schweizer Grenzübergang Riehen, schoss Klar zum ersten Mal auf einen Polizisten. Er verfehlte ihn, katapulierte sich aber wegen seiner Skrupellosigkeit in die erste Reihe der RAF. Fahnder hielten ihn damals für besonders gewaltbereit.
Bis zu seiner Verhaftung im November 1982 gab es kaum ein RAF-Attentat, an dem Christian Klar nicht beteiligt war: Die Morde an Generalbundesanwalt Siegfried Buback, Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto und Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer, der fehlgeschlagene Raketenwerferanschlag auf die Bundesanwaltschaft. Seine Terroristenlaufbahn endete am 16. November 1982 im Sachsenwald bei Hamburg. Klar wollte zu einem Waffendepot der RAF. Eine Spezialeinheit der Polizei nahm ihn fest. Seitdem sitzt Klar im Gefängnis, derzeit in Bruchsal.
Im April 1985 wurde er vom OLG Stuttgart wegen aller RAF-Attentate des Jahres 1977 und wegen des Angriffs auf den US-General Frederik Kroesen zu sechsmal lebenslänglich und 15 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht legte ihm neunfachen gemeinschaftlichen Mord und elffachen Mordversuch zur Last. 1992 kam in einem weiteren Prozess ein zusätzliches "lebenslang" hinzu. Klars Beteiligung an dem Mordanschlag auf Siegfried Buback und dessen beiden Begleiter im April 1977 gilt als gesichert.
Dem Gefängnisalltag hat sich Klar lange verweigert. Erst nach Jahren begann er in der Wäscherei zu arbeiten und beteiligte sich am Sport und gemeinsamen Hofgang. Ein öffentliches Wort des Bedauerns oder der Distanzierung von seinen Taten kam von Klar bislang nicht. 2001 sagte er in einem TV-Interview, dass Schuldbewusstsein und Reuegefühle für ihn "vor dem Hintergrund von unserem Kampf keine Begriffe" seien. "Ich überlasse der anderen Seite ihre Gefühle und respektiere die Gefühle, aber ich mache sie mir nicht zu eigen. Das sitzt zu tief drin, dass gerade hier in den reichen Ländern zu viele Menschenleben nichts zählen." Anfang des Jahres verfasste er eine kapitalismuskritische Grußbotschaft für eine linksgerichtete Konferenz, worauf ihm das Stuttgarter Justizministerium die beantragten Hafterleichterungen verweigerte. Die 26 Jahre Mindesthaft endet am 3. Januar 2009.