Ihre Chancen stehen nicht gut, aber sie sind auch nicht aussichtslos. Als SPD-Gegenkandidatin zu Horst Köhler will Gesine Schwan am 23. Mai on der Bundesversammlung zur Bundespräsidentin gewählt werden.
Hamburg. Ihre Chancen stehen nicht gut, aber sie sind auch nicht aussichtslos. Als SPD-Gegenkandidatin zu Horst Köhler will Gesine Schwan am 23. Mai von der Bundesversammlung zur Bundespräsidentin gewählt werden. Ihre Vorstellungsreise dafür führte sie gestern Morgen nach Hamburg in die Bucerius Law School, wo sie in ihrer fünften Grundsatzrede zur Globalisierung sprach und - weil es sich nicht mehr trennen lässt - auch zur Finanzkrise. Fast zwei Wochen zuvor hatte das auch Bundespräsident Horst Köhler in seiner viel beachteten Berliner Rede getan. Eine neue "Kultur der Gemeinsamkeit" forderte die ehemalige Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder und analysierte, was derzeit die Welt erschüttert.
"Die schwere Rezession, die wir durchlaufen, legt die innere Verfasstheit unserer Gesellschaft schonungslos offen", sagte sie. Und die heißt: Rette sich, wer kann. Das sei zwar menschlich, aber sicher nicht das, was aus der Krise heraushelfe. Bei der neuen "Kultur der Gemeinsamkeit" gehe es mehr um die "Sorge für als um den Wettkampf gegen andere". Dafür sei vor allem eine schonungslose Analyse der Krise nötig. Dabei solle es nicht nur um "faule Kredite und toxische Wertpapiere" gehen, die jetzt in Bad Banks abgeschoben werden sollen, sondern vor allem auch um die Umstände, die zu entfesselter Konkurrenz geführt hätten. In dem Zusammenhang warnte Schwan davor, mit den Bankern "eine ganze Gruppe der Gesellschaft pauschal zu verurteilen". Allerdings müssten diese erklären, wie es aus ihrer Sicht zu diesem radikalen Vertrauensverlust kommen konnte. "Wenn wir die Umstände für ihr Verhalten nicht ergründen und diese konsequent ändern, bleiben alle moralischen Appelle wirkungslos", sagte Schwan.
Bad Banks werden nach Meinung von Gesine Schwan das Vertrauen nicht wiederherstellen. Das G20-Treffen vergangene Woche habe Mut gemacht auf dem Weg zu einer neuen Gemeinsamkeit, meint Gesine Schwan. "Die dort verabredeten Beschlüsse zeigen beispielhaft, wie wir künftig über nationale Grenzen hinweg wieder den Primat der Politik über die Wirtschaft zur Geltung bringen", sagte sie. Um die Krise als Chance für eine bessere Welt zu begreifen und der Globalisierung eine neue, positive Richtung zu geben, forderte Schwan aber, die Verantwortung nicht allein der Politik zu überlassen. Jeder Einzelne müsse daran mitwirken: "Wir müssen uns ehrlich, kompetent, verlässlich und gerecht verhalten."