Anbieter, die nicht freiwillig zur Sperrung einschlägiger Seiten bereit sind, sollen per Gesetz gezwungen werden.
Hamburg. Die Bundesregierung hat gestern den Weg für eine schärfere Bekämpfung der Kinderpornografie frei gemacht. Das Kabinett beschloss die von Familienministerin Ursula von der Leyen ausgearbeiteten Eckpunkte zur Sperrung von entsprechenden Internetseiten. Danach sollen per Gesetz alle deutschen Internetanbieter dazu verpflichtet werden.
Zunächst aber wird das Bundeskriminalamt (BKA) rund um Ostern unter anderem mit den fünf großen Internetanbietern Telekom, Vodafone-Arcor, Alice, O2 und Kabel Deutschland verbindliche Vereinbarungen zur Sperrung der Seiten schließen. Insgesamt sind nach Angaben von der Leyens 75 Prozent der Anbieter zur Unterzeichnung dieser Selbstverpflichtungen bereit. Damit könnte bereits in drei bis sechs Monaten der Zugang zu den Internetseiten geblockt werden.
"Wir wollen nicht länger tolerieren, dass die Vergewaltigung von Kindern massenhaft in Deutschland abrufbar ist", sagte die Familienministerin nach der Sitzung. Unverständnis zeigte sie deswegen für die Anbieter United Internet, Freenet und Versatel, die keine Selbstverpflichtung eingehen wollen.
An dem Gesetzesvorhaben sind neben dem Familien- und Wirtschaftsministerium auch das Justiz- und Innen-Ressort beteiligt. Unmittelbar nach einem Kabinettsbeschluss zu dem Thema legte ihnen der federführende Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am Abend bereits einen Gesetzentwurf vor. Die Union drängt mit aller Macht darauf, das Gesetz noch vor der Bundestagswahl im September zu verabschieden.
Doch auch Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) zeigte sich zuversichtlich. Noch in den vergangenen Tagen hatte Zypries verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Vorhaben ihrer Kollegin von der Leyen geäußert und eine gesetzliche Regelung dazu gefordert. Sonst seien das Fernmeldegeheimnis und die Informationsfreiheit gefährdet. Gestern stimmte sie im Kabinett allen Eckpunkten zu.
Sie hoffe, dass die SPD nun mitziehen werde, sagte von der Leyen und merkte noch an, dass der Koalitionspartner SPD bei dem Thema "in den letzten Wochen nicht hilfreich" gewesen sei. Die SPD-Fraktion will nun auch kurzfristig ein Gesetz vorlegen, erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christel Humme.
Auch der Verband der deutschen Internetwirtschaft Eco, der bisher sehr zurückhaltend gegenüber den Sperrungen war, begrüßte die Verabschiedung der Eckpunkte gestern. Sprecherin Maritta Strasser sagte, damit seien wichtige Forderungen erfüllt. Dazu gehöre die gesetzliche Regelung, die den Internetanbietern Rechts- und Planungssicherheit gebe, und die klare Beschränkung auf die Sperrung von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten. Allerdings warnte sie vor zu hohen Erwartungen. Eine der Hauptaufgaben sei die Ermittlung der Täter. "Die muss verstärkt werden", sagte Strasser.
Nach Auffassung der Familienministerin muss Kinderpornografie auf allen möglichen Ebenen bekämpft werden. Mit der Sperrung der Internetseiten will sie vor allem den Einstieg in die Szene stoppen. 80 Prozent der Nutzer würden über den leichten Zugang "angefixt". Außerdem will von der Leyen das Millionengeschäft, das die Hintermänner mit den Bildern machen, "empfindlich stören".