Mehr europäische Soldaten, mehr zivile Helfer. Die USA fordern die EU-Staaten auf, die Truppen am Hindukusch zu verstärken. Die Bundesregierung will weitere 600 Soldaten für den Einsatz bereit stellen.
Berlin/Krakau. Mehr europäische Soldaten, mehr zivile Helfer. Die USA fordern die EU-Staaten auf, die Truppen am Hindukusch zu verstärken. Die Bundesregierung will weitere 600 Soldaten für den Einsatz bereit stellen. Deutschland entsendet rund 600 Soldaten zusätzlich nach Afghanistan und folgt damit als eines der ersten Nato-Länder dem Ruf der USA. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagte am Rande eines Bündnis-Treffens in Polen, es gehe auch um einen "zusätzlichen Schutz für unsere Soldaten". Nach seinen Angaben könnten 400 der 600 Soldaten längerfristig in Afghanistan bleiben.
Im südpolnischen Krakau diskutierten die NATO-Verteidigungsminister erstmals über die von den USA geforderte Aufstockung der Truppen für Afghanistan. US-Präsident Barack Obama hatte erst am Dienstag der Entsendung von weiteren 17 000 Soldaten zugestimmt, zusätzlich zu den bereits 38 000 US-Soldaten vor Ort. Jung nannte dies einen "richtigen Schritt", der die Sicherheit erhöhe.
Derzeit beteiligt sich die Bundeswehr mit rund 3500 Soldaten an der Nato-geführten Afghanistan-Truppe ISAF. Das deutsche Afghanistan-Mandat erlaubt bis zu 4500 Soldaten. Von den 600 zusätzlichen Soldaten sind nach vorläufiger Planung nur 200 für die Sicherung der Präsidentschaftswahlen am 20. August vorgesehen, wie Jung sagte. Diese dürften nach Diplomatenangaben nur drei bis vier Monate in Afghanistan bleiben.
Die restlichen 400 Soldaten sollen nach Jungs Worten unter anderem die Schnelle Eingreiftruppe (Quick Reaction Force QRF) im Norden Afghanistans verstärken, die Anschläge verhindern und in kritischen Momenten die Lage beruhigen soll. In der Region Kundus sei die Lage "besonders sicherheitspolitisch kritisch", sagte der Minister dem SWR. Auch die Polizeiausbildung könnte verstärkt werden.
Deutschland ist neben Italien eines der ersten Nato-Länder, das auf die US-Forderung nach mehr Truppen reagiert. Italien sagte 500 Soldaten zusätzlich ab dem Frühjahr zu, davon rund die Hälfte zur Absicherung der Wahlen.
US-Verteidigungsminister Robert Gates sagte vor seinem Eintreffen in Krakau, die Verbündeten könnten sich auch mit zusätzlichen zivilen Kräften in Afghanistan beteiligen. "Ich hoffe, das fällt unseren Verbündeten leichter als erhebliche Truppenaufstockungen", sagte Gates.
Die ständig schlechter werdende Sicherheitslage in Afghanistan bereitet der Nato erhebliche Sorgen. 2009 wird nach Ansicht des Oberbefehlshabers der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, General David McKiernan, ein "hartes Jahr". Schnelle Erfolge im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban erwartet McKiernan trotz der Zusatz-Truppen nicht.
Die Grünen in Berlin forderten von der Nato einen umfassenden Strategiewechsel. Die Allianz müsse sich mehr auf den zivilen Aufbau und eine politische Konfliktlösung unter Einbeziehung des Iran und Pakistans konzentrieren, verlangten der Vize-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin und der sicherheitspolitische Sprecher der Partei, Winfried Nachtwei.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schließt einen Einsatz von Bundeswehrsoldaten im umkämpften Süden Afghanistans weiterhin aus. Dies sei "keine Option", sagte die Kanzlerin am Mittwoch in Berlin. Im Süden liefern sich vor allem US-Soldaten sowie Briten und Kanadier erbitterte Kämpfe mit den Taliban.
Großbritannien schlug vor dem Treffen in Krakau die Gründung einer 3000 Mann starken Verteidigungseinheit für Europa vor. Verteidigungsminister John Hutton sagte der "Financial Times", eine solche Einheit könne dem erhöhten Sicherheitsbedürfnis der osteuropäischen Mitglieder nach dem russischen Einmarsch in Georgien im vergangenen Sommer entgegenkommen.