Gesetzliche Krankenkassen sollen zu privaten Unternehmen werden. Ärztekammer findet Gefallen an dem Vorschlag, Sozialverband warnt.

Hamburg/Berlin. Die FDP will mit der Forderung nach einer umfassenden Neuordnung der Krankenversicherung in den Bundestagswahlkampf ziehen. Die FDP strebe eine Pflicht zur Versicherung für alle Bürger bei privaten Anbietern an, bestätigte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Bahr. So könne die Finanzierung der Krankenversicherung stärker auf eine Basis von angespartem Kapital umgestellt werden, sagte Bahr.

Die umlagefinanzierte gesetzliche Krankenversicherung sei in heutiger Form nicht zukunftsfähig. Mit einer entsprechenden Vorlage wolle sich die FDP-Fraktion an diesem Dienstag befassen. Den heutigen gesetzlichen Kassen will die Partei eine Umwandlung in private Versicherungen ermöglichen. Bahr betonte, nötig werde ein sozialer Ausgleich für jene, die die Prämien nicht zahlen könnten. Zunächst müsse der Gesundheitsfonds rückgängig gemacht werden. Fehlanreize gebe es etwa beim Finanzausgleich zugunsten der Kassen mit vielen Kranken.

Die Bundesärztekammer sieht in dem Vorschlag der FDP eine mögliche Alternative zum Gesundheitsfonds. Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", der Gesundheitsfonds sei "kein wirksames Instrument zur nachhaltigen Finanzierung des Gesundheitswesens, sondern der Systemwechsel in die Einheitsversicherung mit Einheitsmedizin zu Dumpingpreisen". Wenn die FDP vor diesem Hintergrund einen Neuanfang fordere, sei dies "der richtige Ansatz". Allerdings müsse das Konzept noch im Detail betrachtet werden.

Der Sozialverband Deutschland nannte die Vorschläge "unseriös und unverantwortlich". "Wer die gesetzliche Krankenversicherung abschaffen will, rüttelt in unverantwortlicher Weise an den Grundfesten des Sozialstaats", sagte Verbandschef Adolf Bauer.

Wegen der Honorarreform für die niedergelassenen Ärzte kürzen Fachärzte zunehmend ihre medizinischen Leistungen für Kassenpatienten. Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" bieten etwa in Baden-Württemberg viele Praxen nur noch eine sogenannte Basisversorgung. In Einzelfällen würden sogar Sonderzahlungen von Kassenpatienten verlangt.

In einem Fall fordert ein Orthopäde aus der Nähe von Freiburg laut "Report Mainz" 120 Euro pro Quartal von seinen Kassenpatienten, anderenfalls betrachte er solche Patienten als "quasi unerwünscht", da sie sich nicht mehr rechneten. Bereits 30 Patienten hätten eine entsprechende Vereinbarung unterschrieben.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) hält dieses Vorgehen für rechtswidrig. Andreas Köhler, der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), warnt davor, "die Problematik dieser Reform auf dem Rücken der Patienten auszutragen".