Mehrere Landespolitiker suchen Schuldige und Gründe für die miserablen Umfragewerte - und kritisieren die Bundesregierung scharf.
Hamburg. Erst der Machtverlust in Nordrhein-Westfalen, dann weiter sinkende Umfragewerte und abgesagte Steuersenkungspläne: Die FDP steckt in der Krise. Nun bahnt sich ein Streit über Führung und Kurs an, der gleich von mehreren Seiten befeuert wird.
Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki griff in der "Bild"-Zeitung Fraktionschefin Birgit Homburger an . "Das Problem der FDP heißt nicht Guido Westerwelle, sondern Birgit Homburger, die Fraktionschefin im Bundestag." Kubicki reagierte damit auf Kritik des früheren FDP-Vorsitzenden Wolfgang Gerhardt, der am Wochenende FDP-Chef und Außenminister Westerwelle Ratschläge erteilt hatte. Im Berliner "Tagesspiegel" hatte Gerhardt gefordert, die FDP müsse außenpolitisch "wieder stärker erkennbar werden". Außerdem dürfe die FDP die Schuld für die schwierige Lage der Liberalen nicht zuerst bei anderen suchen. "Wir haben selbst genug Fehler gemacht", so Gerhardt.
Die Lage der FDP beschäftigt auch die Landesverbände. Niedersachsens Vize-Regierungschef Jörg Bode sieht die Ursache für die Schwäche der FDP in der Bundesregierung. "Der Bürger muss sich doch derzeit zu Recht fragen, ob es sich bei der Berliner Koalition um eine Wunschpartnerschaft oder nur noch um eine Scheinehe handelt", sagte Bode dem Abendblatt. "Es war eine Schnapsidee, mit dem Regieren bis nach der NRW-Wahl warten zu wollen", kritisierte Bode. "Dafür kriegen wir - im Übrigen aber genauso die CDU - gerade die Quittung." Zunächst einmal müsse die FDP den Menschen wieder klarmachen, "dass wir eben keine Partei mit nur einem Thema sind, dass wir eben mehr sind als eine Partei der Steuersenker", so der niedersächsische Wirtschaftsminister. Die FDP sei auch von den Bürgern gewählt worden, "damit sich auf Bundesebene nach Jahren von Rot-Grün und Großer Koalition etwas tut". Bode sagte weiter: "Diese Wechselstimmung konnten wir in Berlin bisher nicht in Taten umsetzen."
Auch aus Hessen kam ein deutlicher Appell in Richtung Hauptstadt: "In Berlin muss Schwarz-Gelb nun weiter den öffentlichen Streit endlich beenden und zeigen, dass regiert wird und dabei Punkt für Punkt der Koalitionsvertrag umgesetzt wird", sagte Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn dem Abendblatt. Hahn jedoch wandte sich gegen einen Kurswechsel: "Unsere programmatische Ausrichtung hatte einen wesentlichen Anteil an unseren Wahlerfolgen bei der letzten Bundestagswahl sowie vorher in den Ländern mit über 16 Prozent." Dagegen forderte der Berliner FDP-Chef Christoph Meyer eine schonungslose Analyse. "Die Liberalen müssen nach der Sommerpause mit einer klaren liberalen Agenda auf Bundesebene wieder Präsenz zeigen."
FDP-Chef Westerwelle und Generalsekretär Christian Lindner gaben sich gestern wie Schiedsrichter zwischen den streitenden Akteuren. Westerwelle sagte: "Ich glaube, dass wir in diesen Zeiten uns vor allen Dingen mit der Lösung der großen Probleme beschäftigen sollten." Und Lindner mahnte: "Einzelaktionen und Lob oder Kritik für einzelne Mitglieder der Führung bringen uns einem Ergebnis für die FDP insgesamt aber nicht näher. Die FDP wird im Team geführt."