Mehrere CDU-Ministerpräsidenten pochen angesichts leerer Staatskassen auf ein vorläufiges Ende der Steuerdebatte.
Berlin. In der Union wächst der Widerstand gegen Steuersenkungen. Mehrere CDU-Ministerpräsidenten pochen angesichts leerer Staatskassen auf ein vorläufiges Ende der Debatte. Sie fordern nach Medienberichten, dass unmittelbar nach der Wahl in Nordrhein- Westfalen weiteren Steuersenkungen eine Absage erteilt wird.
Hamburgs Regierungschef Ole von Beust (CDU) sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Im Moment wären Steuersenkungen eine grausige Vorstellung für die Länder und vor allem auch für viele Kommunen.“ Nach einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“ wird in der Unions-Spitze die Forderung nach Klarheit unmittelbar nach der NRW-Wahl lauter. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet, dass Hessens Regierungschef Roland Koch bereits Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) zum Verzicht darauf aufgefordert hat.
Hintergrund der neuen Debatte ist die jüngste Steuerschätzung. Danach müssen sich die öffentlichen Haushalte bis Ende 2013 auf 39 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen einstellen als bisher geplant. Besonders betroffen sind die Kommunen.
Die FDP beharrt dennoch auf weiteren Milliarden-Steuersenkungen bis Ende 2013. Präsidiumsmitglied Silvana Koch-Mehrin hat die Union davor gewarnt, von den geplanten Steuersenkungen abzurücken. Die Hilfen für Griechenland änderten nichts an den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages, sagte sie dem Hamburger Abendblatt (Montag-Ausgabe). „An den Steuersenkungen, auf die sich Union und FDP für diese Wahlperiode verständigt haben, darf nicht gerüttelt werden.“
Die Steuerschätzung habe gezeigt, dass „im vereinbarten Zeitraum Spielräume da sind“, betonte die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. „Wer versucht, die geplante Entlastung der Bürger unter dem Vorwand der Griechenland-Hilfen zu umgehen, schürt antieuropäische Ressentiments.“
Beust sagte der dpa hingegen: „In internen Gesprächen, von denen es eine Reihe gibt, wird sehr dringlich darauf hingewiesen, dass es im Moment nicht bezahlbar ist.“ Koch hat bei einem Treffen der Unions- Regierungschefs mit Merkel am vergangenen Donnerstag nach Angaben des „Spiegel“ verlangt, die Bundesregierung müsse definitiv erklären, dass in dieser Legislaturperiode Steuersenkungen nicht möglich seien.
Merkel habe es aber abgelehnt, weiteren Steuersenkungen eine endgültige Absage zu erteilen. Ein solcher Schritt würde einen offenen Affront gegenüber dem Koalitionspartner FDP darstellen.
Angesichts der großen Haushaltslöcher sei ein Verzicht ein Gebot der Ehrlichkeit gegenüber den Bürgern, habe Koch gesagt. Auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller und dessen schleswig- holsteinischer Kollege Peter Harry Carstensen (beide CDU) hätten auf die extrem angespannte Lage in ihren Landeshaushalten hingewiesen.
Streitpunkt in der Runde war laut „Spiegel“ auch das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung auszugeben. Koch stellte in der Runde infrage, ob sich ein solches Projekt angesichts neuerlicher Steuerausfälle noch halten lässt.
Die „Leipziger Volkszeitung“ zitierte einen CDU-Regierungschef mit den Worten, entweder die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende spreche von sich aus Klartext, „oder wir Ministerpräsidenten aus unserer Verantwortung für das Gemeinwohl heraus sorgen für ein vorläufiges Ende der Steuerdebatte“.
Angesichts eines jährlichen Konsolidierungsbedarfs, der inzwischen eher bei 15 als bei 10 Milliarden liege, verspiele man andernfalls „jegliche Glaubwürdigkeit bei den Wählern, die sehr wohl um die Bedeutung von geordneten Haushaltsverhältnissen wissen“.