Frankfurt. Unter Experten gilt das Land noch nicht als zahlungsunfähig. Aber warum ist die Frage einer griechischen Pleite so akut?
Wann ist ein Land pleite? Mit dieser Frage sieht sich das Euro-Dauersorgenkind Griechenland konfrontiert.
Ist Griechenland nicht längst pleite?
Juristisch ist dies nicht eindeutig zu beantworten. Denn im Gegensatz zu Pleiten von Unternehmen oder Verbrauchern gibt es kein Insolvenzrecht für Staaten. Wirtschaftlich betrachtet ist die Sache klarer: Seit etwa vier Jahren kann Athen seinen finanziellen Verpflichtungen nur nachkommen, weil öffentliche Geldgeber ihm den Kredit geben, den private Gläubiger nicht mehr in dem Umfang geben wollen. Im Klartext: Hätten die restlichen Euroländer und der IWF nicht geholfen, wäre Griechenland früher oder später nicht im Stande gewesen, Gehälter, Renten oder seine Schuldzinsen und Tilgungen zu zahlen. Davon unabhängig haben private Kreditgeber wie Banken im Jahr 2012 auf einen Teil ihrer Forderungen verzichtet, weil sie nicht mehr mit der Rückzahlung rechnen konnten. Dieser Schuldenschnitt erfolgte offiziell „freiwillig“, kam aber ökonomisch einem Zahlungsausfall gleich – also einer Pleite.
Warum ist die Frage der Pleite akut?
Das liegt an dem eskalierten Schuldenstreit zwischen Griechenland und seinen öffentlichen Geldgebern, also den restlichen Euroländern und dem IWF. In der Nacht auf Mittwoch ist das zweite Hilfspaket für Griechenland ausgelaufen, weil die Athener Links-Rechts-Regierung die damit verbundenen Spar- und Reformauflagen ablehnt. Da das Land gleichzeitig beim IWF in Zahlungsverzug geraten ist, kann es aktuell nicht mehr auf finanzielle Unterstützung seiner Partner setzen. Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten privaten Gläubiger Athen keinen Kredit geben wollen. Griechenland hat nicht genügend Einnahmen, um seine vergleichsweise hohen Staatsausgaben zu finanzieren und seinen Schuldenberg abzutragen. Deshalb steuert das Land erneut auf einen Zahlungsausfall zu.
Welche Rolle spielt die Europäische Zentralbank?
Die EZB hat zum Höhepunkt der Eurokrise Staatsanleihen Griechenlands gekauft. Am 20. Juli muss Athen einen Teil zurückzahlen. Das wird ohne Unterstützung seiner Geldgeber nicht möglich sein. Die Folgen für die EZB wären dramatisch, weil infolge des Zahlungsausfalls aus einer zeitweisen Staatsfinanzierung eine dauerhafte würde. Das ist der EZB verboten. Deswegen würde die Notenbank wohl die ELA-Notkredite, an denen zurzeit das Überleben der griechischen Banken hängt, vermutlich deutlich reduzieren oder ganz streichen. Damit wäre aber die Existenz der griechischen Banken bedroht – und die griechische Wirtschaft würde ins Chaos stürzen.