Tagelang wehrte sich Iraks amtierender Regierungschef Al-Maliki, nun beugt er sich dem Druck und überlässt sein Amt doch seinem Parteikollegen Al-Abadi. Die USA begrüßen die Entscheidung.
Bagdad. Der Machtkampf um die irakische Regierung ist beendet: Der amtierende Ministerpräsident Nuri Al-Maliki hat am Donnerstagabend seine Niederlage eingeräumt. Er verzichte zugusten seines designierten Nachfolgers Haidar al-Abadi auf eine dritte Amtszeit, sagte er an der Seite seines Konkurrenten bei einer im Staatsfernsehen übertragenen Ansprache. Die USA und die UNO reagierten erleichtert auf den Rückzug al-Malikis.
Er wolle mit seinem Entschluss die Bildung einer neuen Regierung ermöglichen, sagte al-Maliki, der sich bis zuletzt geweigert hatte, seinem Konkurrenten das Feld zu überlassen. Sein Sinneswandel wurde international begrüßt. Dies sei ein „großer Schritt nach vorne in Richtung eines geeinten Irak“, sagte die Nationale Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, Susan Rice. Die US-Regierung hoffe, dass es al-Malikis designiertem Nachfolger Haidar al-Abadi gelinge, sein Land im Kampf gegen die Dschihadisten zu einen.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, nun sei der Weg für eine rasche Regierungsbildung frei. Der UN-Sondergesandte für den Irak, Nickolay Mladenov, sprach von einem „historischen Meilenstein“. Der Rückzug al-Malikis ermögliche nun den friedlichen Regierungswechsel in einem Land, das „zu viel Blutvergießen und Gewalt erleiden musste“, sagte Mladenov.
Al-Maliki hatte mit seiner Partei die Parlamentswahl im April klar gewonnen, verfügte aber im Parlament nicht über eine absolute Mehrheit. Präsident Fuad Masum beauftragte am Montag schließlich al-Abadi mit der Regierungsbildung. Al-Maliki erkannte diese Entscheidung aber nicht an und warf dem Staatschef einen Verstoß gegen die Verfassung vor.
Extremisten den Boden bereitet
Der Machtkampf um die Regierung in Bagdad lähmte den Irak politisch, während im Norden des Landes die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) weiter vorrückte. Seine Kritiker warfen al-Maliki vor, die Sunniten auszugrenzen und damit dem Vormarsch der sunnitischen Extremisten den Boden bereitet zu haben. Der Druck auf den schiitischen Politiker war zuletzt gewachsen. Die USA und die Regionalmächte Saudi-Arabien und Iran stellten sich hinter seinen Konkurrenten al-Abadi. Iraks oberster schiitischer Geistlicher, Groß-Ayatollah Ali al-Sistani, forderte al-Maliki öffentlich zum Rückzug auf.
Unterdessen setzten die USA am Donnerstag ihre Luftangriffe auf die IS-Extremisten fort. Die Luftwaffe zerstörte mehrere gepanzerte Fahrzeuge der Dschihadisten. US-Präsident Barack Obama sagte, den Streitkräften sei es gelungen, die Belagerung des Sindschar-Gebirges durch die IS-Kämpfer zu „brechen“ und so „zahlreiche unschuldige Leben zu retten“. Bis zu 5000 Flüchtlinge befinden sich nach US-Angaben noch in der Bergregion.
Die bedrohten Menschen im Nordirak sollen nun auch Hilfslieferungen aus Deutschland erhalten. Vier Transall-Transportmaschinen der Bundeswehr mit Hilfsgütern wie Lebensmitteln und Decken sollten am Freitagmorgen aus Schleswig-Holstein in Richtung Irak starten. Die Debatte darüber, ob auch Waffen in den Nordirak geliefert werden sollen, hielt unterdessen an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schloss Waffenlieferungen in den Nordirak in einem Zeitungsinterview nicht aus. Deutlicher positionierte sich die britische Regierung, die eine mögliche Anfrage der Kurden nach eigenen Angaben „wohlwollend prüfen“ will.
Der Konflikt im Irak ist am Freitag ein zentrales Thema bei einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Der UN-Sicherheitsrat befasst sich ebenfalls mit dem Vormarsch der Dschihadisten und will über eine Resolution abstimmen, die Sanktionen gegen Hintermänner der militante Extremisten im Irak und in Syrien vorsieht.