Mehr als 500 Tote und 70.000 Schutzsuchende in UN-Unterkünften: Die Lage im Gazastreifen ist verzweifelt. Vereinte Nationen und USA bemühen sich um Schlichtung zwischen Israel und der Hamas.
Gaza-Stadt. Trotz der stetig steigenden Zahl der Toten im Gazastreifen zeichnet sich im Nahen Osten keine Waffenruhe ab. Hamas-Führer Ismail Hanijeh signalisierte, dass die radikalislamische Palästinenserorganisation keine bedingungslose Feuerpause akzeptieren würde, und der israelische Verteidigungsminister Mosche Jaalon sagte, sein Land werde „so lange wie nötig“ weiterkämpfen. US-Präsident Barack Obama zeigte sich „äußerst besorgt“ über die hohe Zahl der zivilen Opfer. Sie überstieg mittlerweile 550.
Hanijeh zeigte sich dennoch kämpferisch. „Gaza hat entschieden, die Blockade durch sein Blut und durch seinen Mut zu beenden“, sagte er in einer Fernsehansprache. Die Palästinenser könnten nicht zum „stillen Tod“ durch den Boykott von Warenlieferungen durch Israel zurückkehren. Dabei stünden alle 1,7 Millionen Bewohner des Gazastreifens hinter ihm.
Israel und Ägypten hatten die Blockade verhängt, nachdem die Hamas 2007 den Gazastreifen überrannt und die gemäßigte Palästinenserorganisation Fatah vertrieben hatte. Seit dem vergangenen Jahr hat Ägypten die Grenze noch dichter gemacht und die Hamas damit finanziell ausgeblutet. Das und die Verfolgung der Muslimbruderschaft im Nachbarland lassen die Hamas das Waffenruheangebot Ägyptens mit Argwohn sehen.
Dieses genießt aber weiterhin die Unterstützung der UN und der USA. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und US-Außenminister John Kerry reisten zu Vermittlungsgesprächen zwischen Israel und der Hamas nach Kairo und wollten dort weiter auf eine Umsetzung des Drei-Stufen-Plans dringen.
Während die internationale Diplomatie heiß lief, gingen die Gefechte in dem Palästinensergebiet weiter. Die Zahl der Opfer seit Beginn der israelischen Militäroperation stieg am Montag nach palästinensischen Angaben auf mehr als 550, 3350 wurden verletzt. Israel beklagte bisher 27 Tote. Allein sieben Soldaten kamen am Montag bei einem Feuergefecht mit Extremisten ums Leben.
Die Luftwaffe bombardierte im Gazastreifen zudem mehrere Wohnhäuser. Allein bei einem Angriff seien zehn Mitglieder einer Familie in Gaza-Stadt ums Leben gekommen, sagte der Sprecher des Gesundheitsministerium, Aschraf al-Kidra. Aus einem am Sonntag in der Stadt Chan Junis getroffenen Haus seien 28 Leichen geborgen worden. Die Palästinenser warfen Israel zudem den Beschuss des Al-Aksa-Krankenhauses in dem Ort Dair al-Balah vor. Dabei seien vier Menschen getötet und 60 verletzt worden, sagte Al-Kidra. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben etwa 70 000 Menschen in UN-Unterkünften Schutz gesucht.
Das israelische Militär kommentierte das zunächst nicht. Es teilte aber mit, es habe einen weiteren Versuch der Hamas vereitelt, durch zwei Tunnel ins südliche Israel einzudringen. Zehn Menschen seien getötet worden. Die Hamas feuerte auch 50 weiter Raketen auf Israel, darunter zwei auf Tel Aviv. Sie richteten aber keinen Schaden an.
Verteidigungsminister Jaalon sagte, es gebe keine zeitliche Begrenzung für die Offensive. „Wenn nötig werden wir weitere Reservisten rekrutieren, um die Operation so lange wie nötig fortzuführen, bis die Aufgabe abgeschlossen ist und ganz Israel zur Ruhe vor der Bedrohung des Gazastreifens zurückkehren kann“, sagte er einem Parlamentsausschuss. Ziel der Offensive ist eine Zerstörung des Tunnel-Netzwerks der Hamas, das bis nach Israel reicht, und der Raketenabschussstationen der Extremisten.