Die Hamas hatte gemeldet, den Mann in ihrer Gewalt zu haben. Doch UN-Botschafter Prosor wies das zurück. Die Zahl der Toten stieg unterdessen auf mehr als 500.
New York. Israel hat dementiert, dass einer seiner Soldaten in der Gewalt der radikalislamischen Hamas ist. „Diese Meldung ist nicht wahr. Es gibt keinen entführten israelischen Soldaten“, sagte UN-Botschafter Ron Prosor am späten Sonntagabend (Ortszeit) am Rande der Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. Die Hamas hatte zuvor behauptet, ihre militanten Kassam-Brigaden hätten einen Soldaten in ihrer Gewalt und auch einen Namen und eine Dienstnummer genannt.
Prosor hatte zuvor die israelische Offensive gegen die Hamas verteidigt. Die radikalislamische Gruppe sei eine reine Terrororganisation. „Israel hat seinen guten Willen bewiesen und ist aus dem Gazastreifen abgezogen. Doch statt mit all dem Geld, das gutmeinende Menschen in der ganzen Welt zur Verfügung gestellt haben, für ihr Volk eine Zukunft aufzubauen, ist ihr einziges Ziel Terror zur Zerstörung ihres Nachbarn Israel.“ Israel müsse und werde sich weiter selbstverteidigen.
Das israelische Militär hat die Tötung von „mehr als zehn“ militanten Palästinensern aus dem Gazastreifen bekannt gegeben, die illegal nach Israel eingedrungen sein sollen. Die „Terroristen“ aus den Reihen der radikalislamischen Hamas seien über zwei Tunnel vom nördlichen Gazastreifen aus nach Israel gelangt und am Montagmorgen von israelischen Streitkräften erschossen worden, teilte Armeesprecher Peter Lerner über Twitter mit.
Seit Beginn des Konflikts ist die Zahl der Toten auf mehr als 500 gestiegen. Allein am Sonntag fielen mehr als 140 Palästinenser den Angriffen der israelischen Armee zum Opfer, zudem wurden 13 israelische Soldaten getötet.
Der UN-Sicherheitsrat forderte bei einer Dringlichkeitssitzung am Sonntagabend (Ortszeit) erneut eine Waffenruhe zwischen den Konfliktparteien. Das Gremium traf sich am späten Sonntagabend auf Antrag Jordaniens. Das Land hatte jedoch eine wesentlich schärfer formulierte Resolution vorgeschlagen, in der unter anderem ein „Abzug der israelischen Besatzungstruppen aus dem Gazastreifen“ gefordert wurde. Doch dann wurde der jordanische Vorschlag gar nicht diskutiert und stattdessen eine wesentlich zurückhaltender formulierte Erklärung veröffentlicht. Der palästinensische UN-Gesandte Rijad Mansur zeigte sich enttäuscht. Man habe gehofft, dass der Sicherheitsrat die israelische Aggression verurteilen würde. Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin beklagte, dass man die Sitzung einberufen habe, ohne einen spezifischen Vorschlag zu diskutierten. „Wozu haben wir dann dieses Treffen?“
Ban fordert Israel zum Schutz von Zivilisten auf
Nach jüngsten Angaben der Rettungsdienste im Gazastreifen stieg die Zahl der seit dem Beginn der israelischen Angriffe am 8. Juli getöteten Menschen auf 502. Unter anderem wurden am Montagmorgen 16 Leichen unter den Trümmern eines Hauses in Chan Junis entdeckt. Bei einem anderen Angriff seien neun Palästinenser aus einer Familie getötet worden, unter ihnen sieben Kinder, sagte der Sprecher der palästinensischen Rettungskräfte, Aschraf al-Kudra.
Israel hatte vor zwei Wochen als Reaktion auf Raketenangriffe aus dem Gazastreifen eine Militäroffensive gestartet. Am Donnerstag marschierten auch Bodentruppen in das Küstengebiet ein. Die israelische Armee teilte mit, dass am Sonntag auch 13 ihrer Soldaten getötet wurden. Auf Seiten der Israelis kamen somit inzwischen 20 Menschen ums Leben, unter ihnen zwei Zivilisten.
Die Hamas hatte zuletzt im Jahr 2006 einen israelischen Soldaten verschleppt. Gilad Schalit wurde 2011 im Austausch gegen 1027 in Israel inhaftierte Palästinenser freigelassen.
UN-Generalsekretär Ban, der sich derzeit zu einer Vermittlungsreise in Nahost aufhält, forderte die israelische Armee zur Zurückhaltung auf. „Israel muss viel mehr tun, um Zivilisten zu schützen“, mahnte Ban am Sonntag in Katars Hauptstadt Doha. „Ich verurteile diese grauenvolle Aktion“, sagte er mit Blick auf die Angriffe im östlich von Gaza gelegenen Vorort Schedschaija, bei denen nach palästinensischen Angaben am Sonntag mehr als 70 Menschen getötet wurden. „Gaza ist eine offene Wunde, wir müssen die Blutung stoppen“, sagte Ban.
Auch US-Präsident Barack Obama äußerte sich besorgt über die steigende Zahl an Opfern auf beiden Seiten und forderte eine „sofortige Waffenruhe“. In einem Telefonat mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu habe Obama auch die Raketenangriffe der Hamas verurteilt und das Recht Israels auf Selbstverteidigung hervorgehoben, teilte das Weiße Haus mit.
Gleichzeitig kündigte Obama eine neue Vermittlungsmission seines Chefdiplomaten John Kerry an. Nach Angaben des US-Außenministeriums wird Kerry am Montag in Kairo eintreffen, um mit Vertretern Ägyptens und anderer Länder aus der Region über eine friedliche Beilegung des Konflikts zu sprechen.