Felipe VI. legt heute in Madrid den Amtseid ab, danach sind er und Letizia I. Spaniens neue Monarchen. Es wird ein Thronwechsel ohne großen Pomp – das Image der Bourbonen ist schwer angeschlagen.
Seit Tagen schon wird die spanische Hauptstadt geputzt und geschmückt. Alles soll perfekt sein: Weiße Blumengestecke zieren die Hauptstraßen zum Madrider Königspalast. Dort, auf dem Balkon des Palacio Real, will das frisch vereidigte spanische Königspaar, Felipe VI. und Letizia I., am Donnerstag dem jubelndem Volk zuwinken, bevor sie einen Stehempfang mit Tapas für 2000 geladene Gäste geben. Auch das Rathaus wurde mit 16.000 Geranien, Chrysanthemen, Lilien und Petunien für den Festtag verschönert. Es liegt an der Strecke, die die neuen Monarchen nach der Vereidigung vor beiden Parlamentskammern zum Palast zurückfahren.
Vor dem Löwentor am Parlament, durch das Felipe, 46, das Gebäude betreten wird, haben Arbeiter eine Plattform für Fotografen und Fernsehkameras errichtet. Die Souvenirläden rings um den Palast proklamieren Felipe und Letizia auf T-Shirts, Tellern, Kühlschrankmagneten, Schlüsselanhängern und anderen Devotionalien schon längst zu den neuen Herrschern. Auch auf dem Oriente-Platz vor dem Königspalast herrschte in den vergangenen Tagen reges Treiben. Dutzende Gärtner beschnitten Hecken, pflanzten neue Blumen und harkten die Beete. Die Palastgärten wurden hergerichtet, an den Balkonen der umliegenden Häuser Spanienflaggen angebracht.
Der Plenarsaal des Parlaments, in dem der Kronprinz zum König gemacht wird, wurde für die Zeremonie umgestaltet. Wo sonst der Parlamentspräsident sitzt, steht am Donnerstag eine Bühne mit rotem Samtstoff, auf der Felipe, seine Frau Letizia und die beiden Königstöchter sowie Regierungschef Mariano Rajoy und die Parlaments- und Senatsvorsitzenden Platz nehmen werden.
Die Hochzeit von Felipe mit der bürgerlichen Letizia war 2004 noch als rauschendes Fest auf großer Bühne gefeiert worden. Bei der Thronbesteigung orientiert sich der Königspalast dagegen an Belgien, wo Kronprinz Philippe im vergangenen Jahr in einem schlichten Zeremoniell seinem Vater Albert II. nachfolgte. Nur etwas mehr „Beteiligung der Straße“ dürfe es in Madrid schon sein, hieß es aus dem Palast. Angesichts der Dauerkrise in Spanien soll kein Pomp Felipes Aufstieg an die Staatsspitze begleiten. Nüchternheit und Volksnähe sollen von Beginn an den Stil der vom scheidenden König Juan Carlos beschworenen neuen Generation auf dem Bourbonen-Thron prägen.
Seine Thronbesteigung wird mit der Abdankung seines Vaters, König Juan Carlos, am Mittwoch eingeleitet. Der 76 Jahre alte Noch-Monarch unterzeichnet ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz zu seiner Abdankung. Die Zeremonie im Königspalast ist seine letzte Amtshandlung als spanischer Monarch. Das Gesetz tritt um Mitternacht in Kraft.
Am Donnerstagmorgen empfängt Felipe von seinem Vater zuerst die Insignien des Oberkommandeurs der Streitkräfte. Anschließend fährt das künftige Königspaar zum Parlament, wo es unter militärischen Ehren durch das Löwentor die Hallen der spanischen Demokratie betritt. Vor Abgeordneten und Senatoren legt Felipe den Eid auf die Verfassung von 1978 ab. Darin heißt es, dass der König die Verfassung und die Gesetze achten und über deren Einhaltung wachen wird sowie die Rechte der Bürger und der Autonomieregionen respektiert. Ausländische Gäste werden der Zeremonie nicht beiwohnen, die mit einer Militärparade endet.
Unter den 111 geladenen Gästen wird sich auch die Königinmutter Sofía befinden. Der scheidende Monarch Juan Carlos wird bei der Vereidigung seines Sohnes dagegen nicht im Parlament sein. Er möchte, dass Felipe ganz im Mittelpunkt des historischen Moments steht. Juan Carlos und seine Ehefrau dürfen ihre Titel „König“ und „Königin“ auf Lebenszeit behalten und werden gemäß Protokoll auch künftig als Majestät angesprochen. Beiden bleiben einem vom Kabinett verabschiedeten Dekret zufolge „ähnliche Ehren“ vorbehalten wie Felipe selbst.
50.000 Poster des neuen Königspaares sind seit Dienstag in Schaufenstern der Madrider Innenstadt-Geschäfte plakatiert. Unterdessen verteilt die Stadtverwaltung von Madrid an verschiedenen Informationsstellen rund 120.000 kleine Spanienfahnen an jene, die dem Königspaar zuwinken möchten. „Ich werde auf jeden Fall da sein, um Felipe und Letizia meine Unterstützung zu zeigen. Ich bin sicher, sie werden als Könige Spanien würdevoller repräsentieren als unsere korrupten Politiker“, meint Josefa. Die 71 Jahre alte Rentnerin holt sich gerade kostenlose Fähnchen ab.
Allerdings wird es nicht nur Jubelrufe geben. An der rund vier Kilometer langen Strecke zwischen dem Palast und dem Parlament stehen am Mittwoch bereits die Absperrungen aufbaubereit am Straßenrand. Die Polizei mobilisiert mehr als 7000 Beamte, die das Parlamentsgebäude am Donnerstag weiträumig absperren sollen. Auch vor dem Königspalast ist die Polizeipräsenz erhöht. Das Innenministerium rechnet mit großen Protestkundgebungen gegen die Monarchie. Zwei antimonarchistische Demonstrationen, die in der Innenstadt auf der Puerta del Sol zwischen Parlament und Königspalast stattfinden sollten, sind bereits aus Sicherheitsgründen verboten worden.
Zwar ist laut jüngster Umfragen noch eine knappe Mehrheit der Spanier für die Monarchie. Allerdings haben zuletzt zahlreiche Skandale das Ansehen der Königsfamilie sehr beschädigt. So erntete Juan Carlos 2012 heftige Kritik, als er inmitten der dramatischsten Wirtschaftskrise der Landesgeschichte für eine teure Elefantensafari nach Botswana reiste. Zudem beschädigt ein Korruptionsskandal um Iñaki Urdangarin, den Ehemann der Infantin Cristina, das Ansehen des Hofs. Zuletzt war der 76 Jahre alte König auch gesundheitlich angeschlagen, Spaniens Klatschpresse sagte ihm Affären nach.
Kataloniens nationalistischer Ministerpräsident Artur Mas kündigt an, er werde Felipes Vereidigung nur aus „institutionellem Respekt“ und aus Gründen der „guten Nachbarschaft“ beiwohnen. Auch die im Baskenland regierenden Nationalisten sind republikanisch. In beiden Regionen gibt es Forderungen nach einer unabhängigen Republik. Da der Dialog zwischen den in Madrid regierenden Konservativen und den baskischen und katalanischen Separatisten auf Eis liegt, hoffen beide Seiten auf die traditionelle Vermittlerrolle der „neutralen“ Krone. In seiner ersten Rede nach Bekanntwerden der Abdankung seines Vaters Juan Carlos vor knapp zwei Wochen beschwor Felipe die Einheit des Landes, betonte aber gleichzeitig, er freue sich, König eines so vielseitigen Landes zu werden, dessen gemeinsame Wurzeln in einer 1000-jährigen Geschichte lägen.
Mit der Inthronisierung beginnt eine landesweite PR-Kampagne des als verstaubt und konservativ geltenden Herrscherhauses. Ein Trumpf dabei sollen offenbar die beiden Töchter des neuen Königspaares werden; Leonor, 8, und Sofía, 7, werden mit Sicherheit ebenfalls auf dem Balkon des Palastes zu sehen sein. Ein großes Geheimnis ist dagegen noch, in welchem Kleid Letizia sich zeigen wird.
Der hochgewachsene und sportliche Felipe gilt als Hoffnungsträger des ramponierten Königshauses. Der 46-Jährige überstand die Image-Turbulenzen der vergangenen Monate unbeschadet. Nach einer jüngsten Umfrage stieg die Zahl der Spanier, die eine hohe bis sehr hohe Meinung von Felipe haben, im vergangenen Jahr um vier Punkte auf 66 Prozent. Und 56 Prozent glauben, Felipe könne das arg ramponierte Ansehen des Hofs in der Bevölkerung wieder aufpolieren.
Felipe dürfte zugutekommen, dass er seit seiner Kindheit auf den Thron vorbereitet wurde. Der am 30. Januar 1968 geborene neue König hat zwei ältere Schwestern, Elena und Cristina. Laut der Verfassung hat er aber als einziger Sohn von Juan Carlos und Sofía das Recht auf die Thronfolge. „Sein Ziel, sein einziges Ziel ist es, Spanien zu dienen“, sagt Königin Sofía über ihren Sohn. Das muss er nun beweisen.