Präsident Gül betonte, die Türkei habe nicht die Absicht, Krieg gegen Syrien zu führen, müsse aber Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.
Istanbul/Beirut. Die Türkei berät nach den Worten von Präsident Abdullah Gül mit der Nato über die Stationierung eines Abwehrsystems zum Schutz vor Raketen aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Sein Land habe nicht Absicht, Krieg gegen Syrien zu führen, sagte Gül am Donnerstag vor Journalisten. Die Türkei müsse aber Vorsichtsmaßnahmen gegen mögliche Bedrohungen aus dem Nachbarland ergreifen. Dazu gehöre der Schutz vor ballistischen Raketen sowie vor Mittel- und Kurzstreckenraketen.
Ein Vertreter des Außenministeriums hatte am Vortag gesagt, die Regierung in Ankara werde in Kürze offiziell einen Antrag auf Stationierung von Patriot-Raketen stellen. Das Bündnis erklärte am Donnerstag, bislang sei ein solcher Antrag nicht eingegangen. Die Nato hatte bereits während der beiden Golf-Kriege 1991 und 2003 solche Raketen in der Türkei stationiert. Während des seit 19 Monaten in Syrien anhaltenden Aufstandes sind wiederholt Geschosse auf türkischem Territorium eingeschlagen.
Der syrische Präsident Baschar al-Assad sagte unterdessen, er rechne nicht mit einer Militär-Intervention des Westens. Die Kosten einer solchen Aktion wären nicht tragbar, sagte Assad in einem Interview des Fernsehsenders Russia Today.
Syrische Opposition bildet Anti-Assad-Block
Syriens Regimegegner haben in Katar einen vereinten Oppositionsblock gebildet. Offenbar wurden 40 Aktivisten in das neue Gremium gewählt, das die gesamte syrische Opposition künftig vertreten und nach einem Sturz von Präsident Baschar al-Assad eine Übergangsregierung bilden soll. Die Wahl der Führung wurde um einen Tag auf Freitag verschoben.
Während des Wahlprozesses hatte es nach Angaben von Teilnehmern immer wieder Ärger zwischen den zutiefst zerstrittenen Gruppen gegeben. Grund ist vor allem, dass der im Exil gegründete Syrische Nationalrat (SNC) seine Vormachtstellung nicht zugunsten von Aktivisten aus Syrien aufgeben will. Unter der Vermittlung Katars sei die Abstimmung am frühen Morgen schließlich zu Ende gebracht worden.
Die genau Zusammensetzung des Oppositionsblocks war zunächst nicht bekannt. Zwei Frauen zogen den Angaben nach erst nach massiver Kritik an der Dominanz der Männer in das Gremium ein. Aus Aktivistenkreisen verlautete ferner, dass auch radikale Islamisten Teil der neuen Vertretung seien. An der Konferenz nahmen demnach auch Mitglieder der Al-Nusra-Front teil, die dem Terrornetzwerk Al-Qaida nahestehen.
Syrische Granaten schlagen auf Golanhöhen ein
Die Gewalt geht unterdessen weiter. Drei aus Syrien abgefeuerte Granaten sind am Donnerstag auf den Golanhöhen eingeschlagen. Eine israelische Armeesprecherin sagte, es handele sich um fehlgeleitete Geschosse. „Dies ist eine Folge der Kämpfe in Syrien, es hat nichts mit Israel zu tun“, sagte sie. Es habe weder Opfer noch Schäden gegeben.
Israel hatte die Golanhöhen 1967 von Syrien erobert. Erst am Samstag waren drei syrische Kampfpanzer in die Zone eingedrungen, in der sich nach dem Waffenstillstandsabkommen von 1974 nur UN-Truppen aufhalten dürfen. Trotz einer Beschwerde Israels bei den Vereinten Nationen wurden sie erst vier Tage später wieder abgezogen.
Israel betonte allerdings, der Vormarsch der Panzer sei nicht gegen das eigene Land gerichtet gewesen. Nach syrischen Angaben sollten sie dort syrische Rebellen bekämpfen. Auch ein israelisches Armeefahrzeug war am Montag von verirrten Kugeln aus Syrien getroffen worden.
Türkei überprüft erneut Flugzeug auf dem Weg nach Syrien
Die Türkei hat erneut ein Flugzeug auf dem Weg nach Syrien zur Landung gezwungen, um mögliche Waffenlieferungen an das Regime in Damaskus zu unterbinden. Die armenische Frachtmaschine sei auf dem Flughafen der Provinzhauptstadt Erzurum von Experten mit Spürhunden durchsucht worden, berichteten türkische Medien. Dabei seien mehrere Tonnen Hilfsgüter gefunden worden, die auch als Ladung angegeben waren. Die Türkei hatte eine Zwischenlandung zur Bedingung für den Überflug der Maschine gemacht. Armenien betonte, die Landung sei abgesprochen und im Zeitplan enthalten gewesen.
Rotes Kreuz ist der Lage in Syrien nicht mehr gewachsen
Das Rote Kreuz ist der Lage im Bürgerkriegsland Syrien nach eigenen Angaben nicht länger gewachsen. Obwohl die Hilfsorganisation ihre Tätigkeiten ausgeweitet habe, „können wir nichts gegen die Verschlechterung der Situation tun“, sagte der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Peter Maurer, am Donnerstag. „Es besteht kein Zweifel, dass sich die Krise jeden Tag verschärft. Dieser Trend dauert seit dem Sommer an.“ Auch der Zugang des Roten Kreuzes zu Gefangenen in Syrien sei nicht wesentlich verbessert worden, sagte Maurer.