Die „Troika“ hat ihre Arbeit abgeschlossen. Grünes Licht für neue Milliarden gab es nicht. Experten berechnen Auswirkung von Euro-Austritt.
Brüssel. Die „Troika“ der internationalen Geldgeber hat ihre Verhandlungen in Athen abgeschlossen. Es gebe mit den griechischen Behörden zwar Einigkeit über die meisten Spar- und Reformvorhaben, doch weitere Diskussionen seien nötig, berichtete die EU-Kommission am Mittwochabend in Brüssel.
Eine Vereinbarung auf Beamtenebene („staff level agreement“) sei für die nächsten Tage geplant. Es gebe auch Gespräche über „Finanzierungsthemen“ zwischen den Geldgebern und Athen.
Ein positiver Bericht der Troika aus Vertretern von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) ist Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Hilfstranche von 31,5 Milliarden Euro an das pleitebedrohte Euro-Land. Der EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel wird keine Entscheidungen zu Griechenland treffen können, da der Bericht der Geldgeber fehlt.
Die Koalitionsregierung in Athen ist untereinander uneins. Seit Monaten wird um das geplante 13,5 Milliarden Euro schwere Sparpaket gestritten. Die griechischen Gewerkschaften laufen Sturm gegen noch weitere Einsparungen. An diesem Donnerstag wollen Staatsbedienstete, Bank-, Post- und Eisenbahnangestellte für 24 Stunden streiken. Die Fluglotsen kündigten für diesen Donnerstag eine dreistündige Arbeitsniederlegung an.
Deutschland will bei den Milliarden-Rettungshilfen für Griechenland die Zügel straffer anziehen. Wie am Mittwoch aus Koalitionskreisen in Berlin verlautete, strebt Berlin bereits mit der Auszahlung der nächsten Kredittranche ein Sonderkonto mit schärferen Kontrollmechanismen durch die Europäer an. Auf das Sperrkonto soll die Athener Regierung keinen Zugriff haben.
„Wir wollen jetzt eine Lösung, die hält“, hieß es. Berlin hatte zuletzt bekräftigt, Athen im Euro-Raum halten zu wollen. Ziel ist es dem Vernehmen nach, dass Athen das erhaltene Geld nicht nach eigenen Vorstellungen ausgeben kann und vorrangig seine Schulden bei den internationalen Kreditgebern bedient. Kommt Athen mit dem Geld nicht aus, muss es selbst die Lücke füllen. Kontrolliert werden sollte dies entweder von der Troika der Geldgeber, der Europäischen Zentralbank (EZB) oder dem EU-Währungskommissar.
Ein Austritt Griechenlands („Grexit“) aus der Eurozone könnte nach Einschätzung von Experten die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession stürzen. Nach einer am Mittwoch veröffentlichten Studie der Prognos AG im Auftrag der Bertelsmann Stiftung würden die 42 wichtigsten Volkswirtschaften der Welt im schlimmsten Fall bis zum Jahr 2020 Wachstumseinbußen in Höhe von insgesamt 17,2 Billionen Euro erleiden. Das wäre der Fall, wenn die Anleger als Folge auch Spanien und Italien das Vertrauen entzögen und es dort ebenfalls zu Staatsbankrotten käme. Die Bundesregierung will einen Euro-Austritt und Staatsbankrott Griechenlands vermeiden.
Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, isoliert betrachtet wäre ein Staatsbankrott des Mittelmeerlandes und sein Euro-Austritt „für die Weltwirtschaft ökonomisch verkraftbar“. Diese Position hatte auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) vertreten. Die Prognos-Experten warnen aber: Es sei „jedoch nicht auszuschließen, dass die Kapitalmärkte dann auch Portugal, Spanien und Italien das Vertrauen entziehen und es dort ebenfalls zu Staatsbankrotten kommt. Die Weltwirtschaft würde dadurch in eine tiefe Rezession fallen“. Die internationale Staatengemeinschaft sollte daher einen Staatsbankrott und Euroaustritt Griechenlands verhindern, um die damit verbundenen möglichen Dominoeffekte zu vermeiden.
Deutschland müsste demnach allein bei einem Austritt Griechenlands aus dem Währungsraum bis 2020 mit 73 Milliarden Euro Einbußen bei der Wirtschaftsleistung rechnen. Dazu kämen 64 Milliarden Euro Einmalkosten für den „Grexit“ durch Abschreibungen auf Forderungen privater und öffentlicher Gläubiger. Griechenland käme die Rückkehr zur Drachme weitaus teurer: Den Berechnungen zufolge müsste sich das Land auf 164 Milliarden Euro Wachstumsverluste bis 2020 einstellen.
Bei den Szenarien wurde unterstellt, dass private wie öffentliche Gläubiger auf 60 Prozent ihrer Forderungen gegenüber Athen verzichten müssten. Zudem wurde angenommen, dass eine neue griechische Währung um 50 Prozent gegenüber dem Euro abgewertet würde.