Berliner Landeskriminalamt soll bereits im Dezember 2011 von der heiklen Verbindung seines V-Mannes zur NSU-Terrorgruppe gewusst haben.
Berlin. Bei der Aufklärung der Informationspannen um den Berliner V-Mann Thomas S. werden immer neue brisante Details aufgedeckt. Das Berliner Landeskriminalamt (LKA) wusste wohl bereits im Dezember 2011 und damit zwei bis drei Monate früher als bislang bekannt von der heiklen Verbindung seines V-Mannes zur NSU-Terrorgruppe. Schon einen Monat nach Bekanntwerden der Neonazi-Mordserie hatte das Bundeskriminalamt (BKA) in Berlin Erkenntnisse zu dem Unterstützer des rechtsextremistischen Trios abgefragt, wie es aus Sicherheitskreisen heißt.
Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) muss an diesem Dienstagnachmittag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses zur V-Mann-Affäre Stellung nehmen. Auch die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers soll sich dazu äußern.
Linken-Fraktionschef Udo Wolf sagte: „Die spannende Frage ist vor allem, ab wann Innensenator Frank Henkel davon gewusst, und warum er das Parlament belogen hat.“ Henkel stehe jetzt mehr denn je in der Pflicht, alle Akten und Zeugenaussagen offenzulegen.
Auch der Innenexperte der Grünen-Fraktion, Benedikt Lux, verlangte Aufklärung darüber, wann die Leitung des LKA und der Senat über diesen V-Mann und dessen Infos zur NSU informiert worden seien. „Wenn das zutrifft, bestätigt sich der Eindruck, dass die eine Hand nicht wusste, was die andere macht“, kritisierte Lux. Er kündigte an, dass die Grünen Henkels Vorgänger Ehrhart Körting (SPD) am kommenden Montag in die nächste Sitzung des Innenausschusses laden wollen.
Körting war am Montag aus der Bund-Länder-Kommission zur Aufarbeitung der Neonazi-Morde ausgetreten. Er wolle jeden Anschein der Befangenheit vermeiden, erklärte der Ex-Innensenator. Zugleich versicherte er: „Mit diesem Vorgang bin ich zu meiner Amtszeit als Senator für Inneres nach meiner sicheren Erinnerung weder im Jahr 2002 noch zu einem späteren Zeitpunkt befasst worden.“
Der SPD-Innenexperte Thomas Kleineidam warnte vor voreiligen Schlussfolgerungen. Wer wann was gewusst habe, das solle ja der NSU-Untersuchungsausschuss erst aufklären. Er halte es für möglich, dass die Beamten des polizeilichen Staatsschutzes in Berlin auch im Dezember 2011 nicht sofort die Verbindung zwischen ihrem V-Mann Thomas S. und der NSU-Terrortruppe hergestellt hätten. „Die haben eine Menge mehr Akten auf dem Tisch und nicht alle Namen im Kopf“, sagte Kleineidam. Doch bisher sei alles Spekulation.
Thomas S. hatte dem LKA bereits 2002 Hinweise zu der gesuchten rechtsextremen Terrorgruppe gegeben. Unklar ist, was mit den Informationen passierte und ob diese an die zuständigen Behörden weitergeleitet wurden.
Auf die BKA-Anfragen vom Dezember sowie einer weiteren vom Januar teilte das LKA mit, S. sei Beschuldigter im Verfahren gegen die inzwischen verbotene Nazi-Band „Landser“ und in der sächsischen rechten Szene aktiv. Dass er aber rund zehn Jahre als V-Mann für das LKA arbeitete, wurde dem BKA nicht mitgeteilt.