In Mekka beschlossen die Länder, das Land zu suspendieren, da die Gewalt umgehend stoppen müsse: UN sprechen erstmals von Kriegsverbrechen.
Damaskus/Beirut. Nachdem mit dem Beschuss einer Klinik durch die Armee am Dienstag eine neue Dimension an Gewalt begonnen hatte, bekommt Syrien jetzt noch mehr Gegenwind zu spüren: Die UN sprechen erstmals von Kriegsverbrechen des Regimes und nun hat auch die islamische Welt Assad weitgehend isoliert: Mit großer Mehrheit beschlossen die islamischen Länder in der Nacht zum Donnerstag in der saudischen Stadt Mekka, die Mitgliedschaft Syriens in der Organisation der Islamischen Kooperation (OIC) auszusetzen. „Die Konferenz hat entschieden, Syriens Mitgliedschaft zu suspendieren“, heißt es in der Abschlusserklärung des OIC-Gipfels. Die Teilnehmer des Treffens seien sich einig, dass die Gewalt umgehend aufhören müsse, hieß es.
Dem Beschluss waren „hitzige Debatten hinter verschlossenen Türen“ vorausgegangen, wie ein arabischer Diplomat sagte. Neben dem Iran habe sich auch Algerien strikt dagegen ausgesprochen.
Dem lockeren Staatenbund gehören nicht nur die arabischen Länder, sondern auch die Türkei, der Iran oder südostasiatische Staaten wie Indonesien und Malaysia an. Die Arabische Liga und die meisten ihrer Mitglieder hatten schon im vergangenen November mit dem Assad-Regime gebrochen. Saudi-Arabien, Katar, Jordanien und die Türkei unterstützen die syrischen Rebellen.
In Syrien haben die Rebellen unterdessen die Kämpfe mitten in die streng abgeschirmten Regierungsviertel von Damaskus getragen. Vor einer Kommandozentrale der syrischen Armee explodierte am Mittwoch eine Bombe. Stunden später griffen Aufständische mit Panzerfäusten die iranische Botschaft und die syrische Regierungszentrale an.
Das staatliche syrische Fernsehen berichtete nach dem Bombenanschlag von drei Verletzten, zeigte Schäden an der Fassade und Feuerwehrfahrzeuge beim Löschen eines Brandes neben dem Gebäude. Der Sprengsatz war in einem Tanklaster auf dem Parkplatz versteckt. In der Nähe befindet sich auch das Dama Rose Hotels, in dem auch die UN-Beobachter untergebracht sind.
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Die UN-Beobachtermission in Syrien (Unsmis) geht inzwischen ihrem Ende zu. Weltsicherheitsrat wollte sich am Donnerstag ein letztes Mal mit der Überwachung der erhofften Waffenruhe in Syrien befassen. Das Mandat läuft am Sonntag (19. August) aus. Eine Verlängerung sei nicht zu erwarten, hieß es aus New Yorks diplomatischen Kreisen. Die unbewaffnete Beobachtertruppe hatte ihre Arbeit in Syrien im April begonnen, war aber von Anfang an auf Widerstand gestoßen. Zwei Monate später zogen sich die 300 Mann wegen der zunehmenden Gewalt in die Kasernen zurück oder verließen das Land.
UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos sprach nach einem Besuch in Syrien von zunehmender Not der Zivilbevölkerung. Seien bei einem Besuch im März noch knapp eine Million Menschen in Not gewesen, so sei diese Zahl inzwischen „bedeutend angestiegen“, sagte sie dem britischen Sender BBC. Bei ihren Gesprächen in Damaskus habe die syrische Regierung weitere Unterstützung der Vereinten Nationen und auch von Nichtregierungsorganisationen abgelehnt.
Seit Beginn des Syrienkonflikts im März 2011 starben nach UN-Schätzungen mindestens 17 000 Menschen, Oppositionsgruppen sprechen sogar von mehr als 20 000 Toten.
UN werfen beiden Seiten Kriegsverbrechen in Syrien vor
Die Vereinten Nationen haben unterdessen erstmals von Kriegsverbrechen in Syrien gesprochen. Ein am Mittwoch (Ortszeit) in New York veröffentlichter Bericht des UN-Menschenrechtsrats machte Regierungstruppen und ihnen nahestehende Milizen für das Massaker in Hula im Mai verantwortlich, bei dem mehr als 100 Zivilisten getötet wurden. Aber auch die Rebellen hätten in mindestens drei Fällen Kriegsverbrechen verübt, hieß es in dem lange erwarteten Bericht.
Unterdessen wurden bei Bombenangriffen syrischer Kampfflugzeuge auf eine Stadt nahe der türkischen Grenze mindestens 20 Menschen getötet. Bomben zerstörten den Großteil eines Armenviertels von Asas, das 50 Kilometer nördlich von Aleppo liegt. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London sprach von 23 Toten und mehr als 200 Verletzten. Ein Aktivist, der telefonisch in der Region erreicht wurde, sprach von 25 Toten. Eine unabhängige Bestätigung gab es nicht. Reporter der Nachrichtenagentur AP sahen in Asas direkt nach den Luftangriffen neun Leichen, darunter ein Baby.
Im Bericht des UN-Menschenrechtsrats hieß es, Mord, Folter und sexuelle Gewalt deuteten „auf eine Beteiligung höchster Regierungs- und Militärkreise hin“. Auch Aufständische hätten Kriegsverbrechen begangen, allerdings in geringerem Maße. Mit ihrer Einordnung der Taten als Kriegsverbrechen stützte sich der Ausschuss auf eine Einschätzung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). Seit Mitte Juli bezeichnet das IKRK den bewaffneten Konflikt in Syrien als Bürgerkrieg. Demnach gilt im ganzen Land nun das humanitäre Völkerrecht.
Die Experten hatten zu den Ereignissen in Syrien im Zeitraum vom 15. Februar bis 20. Juli 1.062 Interviews geführt. Eine vertrauliche Liste mit Personen und bewaffneten Gruppen, die für die Taten verantwortlich gemacht werden, soll im September an die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay übergeben werden. Zudem empfahl der Ausschuss dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, den nun vorgelegten Bericht an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon weiterzuleiten. Dieser könne das Dokument in den Weltsicherheitsrat einbringen.
Saudi-Arabien forderte seine Bürger zum Verlassen des Libanons auf. Hintergrund sind Befürchtungen, dass Schiiten als Vergeltung für Geiselnahmen von Libanesen und Iranern durch syrische Rebellen saudiarabische Bürger entführen könnten. Die Erklärung der Botschaft des Landes in Beirut wurde am Mittwoch von der amtlichen saudi-arabischen Nachrichtenagentur verbreitet.
Mit Material von dpa und dapd