Die Irrfahrt des angeblichen Holzfrachters wirft neue Rätsel auf. Experten sprechen von illegalem Waffenhandel. Russland hat die befreiten Seeleute und die Piraten abgeschirmt.
Moskau/Tallin. Die Piraten forderten rund eine Million Euro. Und sie drohten mit der Sprengung der „Arctic Sea“ während der Irrfahrt des angeblichen Holzfrachters. Russland hat erstmals eine Lösegeldforderung für das befreite Schiff bestätigt. Nach Angaben der Agentur Interfax stammen diese Informationen aus den Verhören der 15-köpfigen Besatzung und der Piraten. Ihr Aufenthaltsort wurde nicht genannt.
Die russischen Behörden informieren seit Tagen nur bruchstückhaft über die Hintergründe um das scheinbar drei Wochen lang verschwundene Schiff. Nach Moskauer Angaben war die „Arctic Sea“ am Montag aus der Gewalt der Piraten befreit worden. Die Entführer stammen demnach aus Lettland, Estland und Russland. Sie sollen sich Ende Juli in einem Schlauchboot dem 98 Meter langen Frachtschiff genähert haben. Das Verteidigungsministerium teilte erstmals mit, dass das Schlauchboot sowie Waffen und Munition der Piraten beschlagnahmt seien.
Nach offiziellen Darstellungen hatte das Schiff unter maltesischer Flagge eine Holzlieferung im Wert von etwa einer Million Euro für Algerien an Bord. Militärexperten der EU und Russlands gehen allerdings davon aus, dass das Holz nur dazu diente, um eine illegale Waffenlieferung zu verstecken. Das von einer finnischen Reederei betriebene Schiff steht gegenwärtig unter Kontrolle der russischen Schwarzmeerflotte.
Die „merkwürdige Geschichte“ um die „Arctic Sea“ könne eigentlich nur mit illegalem Waffenhandel erklärt werden, sagte der estnische EU-Referent für Piraterie, Tarmo Kõuts, der in Tallin erscheinenden Zeitung „Postimees“. Auch der Leiter des russischen Zentrums für Militärplanungen, Oberst Anatoli Zyganok, hält einen Militärtransport für wahrscheinlich. „Ich denke, es geht um Rüstungsgüter“, sagte er der Moskauer Zeitung „Gaseta“.
Nach Darstellung des estnischen Admirals Kõuts eignen sich Holztransporte am besten für den Schmuggel von Waffen, da etwa Flügelraketen unter den Stämmen am besten zu verstecken seien. Laut offiziellen russischen Angaben sollte die mit Holz beladene „Arctic Sea“ am 4. August an der algerischen Küste anlegen. Algerien ist ein Großkunde für russische Waffenlieferungen.