Ein Geheimplan der früheren US-Regierung bringt den Ex-Vizepräsidenten Dick Cheney in Bedrängnis. Die CIA sollte gezielt Al-Qaida-Mitglieder töten.
Washington. Gut sechs Monate nach dem Regierungswechsel in Washington kommen immer mehr Details über die zweifelhaften Methoden der Bush-Regierung im Kampf gegen den Terrorismus ans Tageslicht. Der US-Geheimdienst CIA arbeitete nach Medienberichten jahrelang an einem Plan zur Tötung von Al-Qaida-Mitgliedern, ohne den Kongress zu informieren. Die CIA-Operation soll auf Anweisung des damaligen US-Vizepräsidenten Dick Cheney verschwiegen worden sein.
Das „Wall Street Journal“ berichtete, die CIA habe auf Grundlage einer Anweisung des früheren Präsidenten George W. Bush an einem geheimen Programm gearbeitet, das nicht nur die Gefangennahme, sondern auch die gezielte Tötung von Al-Qaida-Mitgliedern in Betracht gezogen habe. Das Vorhaben sei aber nicht vollständig umgesetzt worden, schrieb die Zeitung unter Berufung auf anonyme, mit dem Vorhaben vertraute Ex-Geheimdienstmitarbeiter. Der neue CIA-Chef Leon Panetta habe das Programm beendet, nachdem er am 23. Juni davon erfahren habe.
Die Vorgänge werfen ein Schlaglicht auf die Rolle Cheneys. Die CIA habe das Programm zur Terroristenbekämpfung, dem die Bush-Regierung große Bedeutung beigemessen habe, acht Jahre lang vor dem Parlament verheimlicht, hieß es in einem Bericht der „New York Times“. Die Anordnung dafür habe Cheney erteilt. Die Demokraten fordern eine Untersuchung. Ranghohe Parteienvertreter äußerten den Verdacht, Cheney habe mit seinem Vorgehen Gesetze gebrochen.
Die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des US-Senats, Dianne Feinstein, warf Cheney im Sender Fox News vor, ungesetzlich gehandelt zu haben. Die demokratische Abgeordnete Anna Eshoo, die dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses angehört, forderte in der „Washington Post“ eine unabhängige Untersuchung der Vorgänge.
Unterdessen wurde bekannt, dass Justizminister Eric Holder strafrechtliche Ermittlungen gegen die CIA wegen möglicher Folterungen erwägt. Holder prüfe die Berufung eines Sonderermittlers, der untersuchen soll, ob CIA-Agenten Terrorverdächtige gefoltert hätten, berichtete die „Washington Post“. Dies könnte zu einem offenen Konflikt mit Präsident Barack Obama führen, schreibt das Blatt. Obama hatte mehrfach signalisiert, dass er eine juristische Untersuchung brutaler Verhörmethoden unter Bush ablehne.
Im Zusammenhang mit der Ermordung von bis zu 2000 gefangenen Taliban durch einen afghanischen Kriegsherrn Ende 2001 ordnete Obama allerdings eine Prüfung der Vertuschungsvorwürfe gegen die Bush-Regierung an. Es gebe Hinweise, dass der Fall nicht korrekt untersucht worden sei, sagte der Präsident dem TV-Sender CNN. Die „New York Times“ hatte berichtet, hohe Regierungsbeamte hätten versucht, Ermittlungen mehrerer US-Behörden gegen den afghanischen Milizenführer Abdul Raschid Dostum zu blockieren.
Dostum soll im November 2001 den Massenmord an den gefangenen Taliban befohlen haben. Die Gefangenen wurden vermutlich in Container gesperrt, wo sie erstickten oder von Dostums Kämpfern erschossen wurden. Zu dieser Zeit wurde der afghanische Kriegsherr vom US-Geheimdienst CIA unterstützt.