Uno-Sicherheitsrat erstellt schärfere Resolution. Peking geht auf Distanz zum Regime von Kim Jong-il.

Hamburg

Ungeachtet weltweiter Proteste und einer Verurteilung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hält Nordkorea an seinem Konfrontationskurs fest. Nur einen Tag nach dem zweiten nordkoreanischen Atomtest seit 2006 und dem Start dreier Kurzstreckenraketen feuerte das Militär eine Boden-Luft- sowie eine Boden-See-Rakete mit einer Reichweite von rund 130 Kilometern ab. Beide fielen nahe der Stadt Hamhung an der nordkoreanischen Ostküste ins Meer.

Zuvor hatte der Sicherheitsrat in New York den Atomtest einstimmig als "klaren Verstoß gegen die Uno-Resolution 1718" verurteilt. In dieser Entschließung hatte das Gremium im Oktober 2006 nach dem ersten Atomtest Nordkorea weitere derartige Versuche untersagt.

Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon forderte den Rat auf, angesichts des Ernstes der Lage "geeignete Maßnahmen" zu ergreifen. Der Sicherheitsrat nahm die Arbeit an einer neuen, schärferen Resolution auf.

In Moskau war von einer "ausreichend ernsten Reaktion" die Rede, die nun erfolgen müsse; die amerikanische Uno-Botschafterin Susan Rice meinte gegenüber dem US-Sender CNN, wenn Nordkorea weiter die Welt provoziere, werde es dafür "einen Preis zahlen müssen". Unter anderem sprachen sich die französische und die japanische Regierung sowie EU-Chefdiplomat Javier Solana für schärfere Sanktionen aus.

Südkorea will sich an einer internationalen Initiative gegen die Weiterverbreitung von Atomtechnologie beteiligen. Nordkorea, das im Verdacht steht, diese Technologie zu exportieren, hat erklärt, es würde eine Beteiligung Südkoreas an dieser "Proliferation Security Initiative", die auch Kontrollen auf See vorsieht, als Kriegserklärung betrachten.

Dass der Westen die nordkoreanischen Muskelspiele verurteilen würde, war zu erwarten; doch auch China, das als einziger Verbündeter und größter Handelspartner der Altstalinisten in Pjöngjang gilt, scheint allmählich die Geduld zu verlieren. "China lehnt dies ganz klar ab", erklärte das Außenministerium zu dem Atomtest.

Schon 2006 hatte sich Peking gegen den ersten, weitaus schwächeren nordkoreanischen Atomtest ausgesprochen - das Regime von Kim Jong-il kümmerte sich jedoch nicht um die chinesischen Proteste. China ist in einem Dilemma: Einerseits will Peking unbedingt verhindern, dass an seiner Nordostflanke eine instabile Atomacht entsteht, die die gesamte Region in Unruhe versetzt und möglicherweise Japan und Südkorea eines Tages ebenfalls zu einer atomaren Aufrüstung treiben könnte. Beide Hochtechnologie-Staaten fühlen sich im höchsten Maße von Pjöngjang bedroht.

Andererseits möchte China verhindern, dass allzu rigide Maßnahmen gegen Nordkorea blutige soziale Unruhen in dem Hungerland auslösen könnten. Es wird geschätzt, dass sich bereits jetzt mindestens 300 000 nordkoreanische Flüchtlinge in China aufhalten. Diese Zahl könnte im Fall einer Eskalation noch gewaltig anschwellen.

Zudem ist China durch einen Pakt aus dem Jahre 1961 vertraglich verpflichtet, Nordkorea im Falle eines Angriffs zu Hilfe zu kommen. Auch profitiert Peking von den Handelsbeziehungen: 2008 konnten beide Staaten ihr Handelsvolumen um mehr als 40 Prozent auf 2,8 Milliarden Dollar steigern - zwei Milliarden davon entfallen auf chinesische Exporte. Insgesamt jedoch, so betonen chinesische Experten, sei das Verhältnis zu Pjöngjang keineswegs so herzlich, wie dies im Westen oft angenommen werde.