Birmas Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi steht in Birma vor Gericht, weil sie gegen ihren Hausarrest verstoßen haben soll. “Ein Schauprozess“, kritisiert die EU

Rangun. Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat in Birma der Prozess gegen Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi begonnen. Die Militärjunta wirft der 63-Jährigen vor, gegen die Auflagen ihres Hausarrestes verstoßen zu haben. Die Friedensnobelpreisträgerin hatte einen US-Bürger beherbergt, der Anfang Mai durch einen See zu ihrem Haus geschwommen war.

Nach einer ersten Anhörung wurde das Verfahren auf diesen Dienstag vertagt. Menschenrechtsorganisationen forderten die sofortige Freilassung Suu Kyis. Wie lange das Verfahren dauern wird, ist unklar. Insgesamt sollen 22 Zeugen gehört werden. Sicherheitskräfte hatten das berüchtigte Insein-Gefängnis bei der früheren Hauptstadt Rangun weiträumig abgeriegelt. Dort findet die Verhandlung hinter verschlossenen Türen statt.

Im Insein-Gefängnis sitzen hauptsächlich politische Gefangene ein. Wie Augenzeugen berichteten, bauten Sondereinheiten in Kampfanzügen Barrikaden mit Stacheldraht rund um das Gebäude. Dennoch versammelten sich in einiger Entfernung mehrere hundert Menschen, darunter buddhistische Mönche. Manche trugen Stirnbänder und Transparente mit der Aufschrift „Suu Kyi ist nicht schuldig“.

Die Oppositionsführerin hatte in ersten Verhören ausgesagt, dass sie den US-Bürger John William Yettaw mehrfach aufgefordert habe, ihr Anwesen zu verlassen. Der Mann sei gegen ihren Willem dort eingedrungen. Sie habe ihn jedoch übernachten lassen, weil er erschöpft gewesen sei. Bei einem Schuldspruch drohen Suu Kyi drei bis zu fünf Jahre Haft. Auch Yettaw wird gleichzeitig der Prozess gemacht. Ihm drohen ebenfalls fünf Jahre Haft.

Zu Prozessbeginn schirmte ein doppelter Ring von Sicherheitskräften das Insein-Gefängnis ab. Mehr als 100 Oppositionsanhänger demonstrierten vor dem äußern Ring für die Freilassung Suu Kyis - weiter kamen sie nicht. Unter den Demonstranten war der Oppositionspolitiker Win Tin, der im vergangenen September nach 19 Jahren aus dem Gefängnis freigelassen wurde. Am Vorabend hatte Suu Kyis Anwalt Kyi Win alle Oppositionskräfte zu friedlichen Demonstrationen für die Freilassung der Friedensnobelpreisträgerin aufgerufen, die 13 der vergangenen 19 Jahre in Haft oder Hausarrest verbringen musste.

International stieß das Vorgehen der Militärregierung auf scharfe Kritik. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana forderte eine Verschärfung der Sanktionen gegen Birma, der schwedische Außenminister Carl Bildt verwies aber darauf, dass bereits Sanktionen für fast alle für die EU relevanten Bereiche in Kraft seien. „Wir sind davon abhängig, dass die Nachbarn, die ASEAN-Länder, Druck ausüben“, erklärte er. Der britische Außenminister David Miliband bezeichnete das Gerichtsverfahren gegen Suu Kyi als „Schauprozess“, sein französischer Kollege Bernard Kouchner sprach von einer „skandalösen Provokation“.

Warum Yettaw, ein mutmaßlicher Vietnamkriegsveteran, Suu Kyi aufsuchte ist nicht bekannt. Viele Beobachter sehen im Vorgehen der Junta in dem Fall einen Vorwand, um Suu Kyi für die von ihr für das kommende Jahr angesetzten Wahlen zu isolieren. Die von der Junta als „Roadmap zur Demokratie“ angekündigten Wahlen gelten als Feigenblatt für die fortgesetzte Herrschaft des Militärs, das seit 1962 an der Macht ist. 1990 erkannte die Junta einen klaren Sieg Suu Kyis bei einer Parlamentswahl nicht an und schlug die Demokratiebewegung nieder.