Wegen einer umstrittenen Aktion in Moskaus Kathedrale sitzen drei Musikerinnen seit Monaten in Haft. Am Montag beginnt der Prozess.
Moskau. Seit fast fünf Monaten sitzen die drei Frauen der Moskauer Band Pussy Riot in Untersuchungshaft - ihr Vergehen: Sie hatten in einer Kathedrale laut für ein Ende von Kremlchef Wladimir Putin gebetet. Wegen Rowdytums und Aufwiegelns zu religiösem Hass müssen sie sich deshalb von Montag an vor Gericht verantworten. Menschenrechtler sprechen von einem politischen "Schauprozess" und einem beispiellosen Justizskandal. Den Frauen drohen sieben Jahre Haft in einem Straflager.
Nadeschda Tolokonnikowa, 22, und Maria Aljochina, 24, - beide Mütter - sowie Jekaterina Samuzewitsch, 29, sind angeklagt, am 21. Februar in der Erlöserkathedrale in Moskau die Gefühle von Gläubigen grob verletzt zu haben. Die Kirche gilt als das Herz des russisch-orthodoxen Christentums. Bilder zeigen, wie die Frauen in dem eigentlich nur für Würdenträger zugänglichen Altarraum mit Strumpfmasken vermummt herumspringen und sich bekreuzigen.
Für Aufsehen sorgte aber vor allem ein Internetvideo der Aktion, das mit dem Lied "Mutter Gottes, du Jungfrau, vertreibe Putin!" vertont ist. Putin selbst zeigte sich öffentlich angewidert von der Protestperformance. "Ich hoffe, dass sich so etwas nie wiederholt", sagte er. Die Staatsanwaltschaft sieht in den früheren Philosophie- und Journalistikstudentinnen eine Gefahr für die Gesellschaft.
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Dagegen betonen die Verteidiger von Pussy Riot, dass sich die Frauen auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Musikerinnen als politische Gefangene anerkannt.
"Dieses Verfahren ist politisch. Es wird direkt von Putin oder seiner Umgebung gesteuert", ist der Verteidiger Nikolai Polosow überzeugt. Die Frauen bereiteten sich deshalb schon innerlich auf eine lange Straflagerhaft vor. Ihre Untersuchungshaft ist bis Januar 2013 angesetzt.
Sieben Ordner mit 3000 Seiten umfassen die Ermittlungsakten - wegen einer Minute Protest gegen Putin und die Kirche. Auch Kirchenfunktionäre wie der Diakon Andrej Kurajew kritisieren, dass bei der Anklage gar nicht klar sei, wer Anzeige erstattet habe und wer der Geschädigte sei. Zwar hätten die Frauen Gotteslästerung begangen, sagt Kurajew. Aber auch er äußert die Vermutung, "dass es hier um Politik geht".
In der Anklage geht es um den Vorwurf des "Hooliganismus aus Gründen religiösen Hasses". Die Anwälte sehen hingegen höchstens eine Ordnungswidrigkeit. "Die Mädchen hatten keine Waffen und haben nichts zerstört, so wie es für eine Anklage wegen Rowdytums nötig wäre", sagt Verteidiger Polosow. Der Geistliche Kurajew sieht in der Aktion selbst einen Schaden für die Kirche - wegen des harten Vorgehens gegen die Pussy-Riot-Musikerinnen.