Kurz vor einem Prozess gegen ihn selbst ließ der Staatschef sein Kabinett ein Gesetz absegnen, das die Rechte von Richtern einschränkt.
Rom. Paukenschlag am Tag vor der Wiederaufnahme seines Korruptionsprozesses: Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi will mit einer Justizreform die Rechte von Richtern und Staatsanwälten deutlich einschränken. Sein Kabinett brachte am Donnerstag geschlossen einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg. Beobachter und Opposition beurteilen den Gesetzesentwurf als Versuch Berlusconis, die ihm verhassten Richter und Staatsanwälte zu schwächen.
Dies bestritt Berlusconi. Es bestehe kein Zusammenhang mit dem anstehenden Prozess gegen ihn in der Sexaffäre um die damals minderjährige Marokkanerin namens Ruby, sagte Berlusconi nach der Kabinettssitzung. Berlusconi wirft Richtern und Staatsanwälten politisch motivierte Ermittlungen gegen ihn vor. „Dies ist eine epochale Reform und ein wichtiger Programmpunkt unserer Regierung, der nichts mit mir und den laufenden Prozessen zu tun hat“, sagte Berlusconi kämpferisch, wegen einer vierstündigen Kieferoperation am Montag noch mit dickem Pflaster auf der Wange.
Bisher veröffentlichte Kernpunkte der Reform sind die Trennung der Karrieren von Richtern und Staatsanwälten. Bisher kann in Italien ein Richter auch als Staatsanwalt tätig sein und umgekehrt. Der 16-Punkte-Plan sieht außerdem vor, dass Richter künftig finanziell für Fehlurteile aufkommen müssen und die Ermittlungsbefugnisse von Staatsanwälten begrenzt werden. Es soll ein eigenes Gericht geschaffen werden, wo Richter und Staatsanwälte wegen Fehlern verklagt werden können. Freisprüche sollen in keiner Instanz mehr angefochten werden können.
„Mit diesem Damoklesschwert über dem Kopf überlegen sich die Staatsanwälte zwei Mal, ob sie Ermittlungen gegen mich einleiten“, sagte Berlusconi laut einem Bericht der Zeitung „La Repubblica“. Die italienische Richtervereinigung kritisierte den Plan als „Reform gegen die Richter, die die Autonomie und Unabhängigkeit der Richterschaft untergräbt und die Gewaltenteilung deutlich beeinträchtigt“.
Experten sehen in der Reform einen erbitterten Kampf zwischen Berlusconi und italienischen Anklägern. Die linke Opposition wirft Berlusconi vor, Gesetze zu schaffen, um selbst vor Strafverfolgung geschützt zu sein. Die Reform muss von einer Zweidrittelmehrheit in beiden Parlamentskammern oder per Volksentscheid beschlossen werden. Experten halten es angesichts der knappen Mehrheit der Regierung im Unterhaus allerdings für unwahrscheinlich, dass die Reform in nächster Zeit zustande kommt.
Der 74-jährige Medienmogul durchlebt momentan einen wahren Prozessmarathon: An diesem Freitag wird in Mailand der Prozess wegen Bestechung seines ehemaligen britischen Anwalts David Mills wieder aufgerollt. Berlusconi soll Mills für Falschaussagen in den 1990er Jahren 600.000 Dollar (436.000 Euro) gezahlt haben. Laut Angaben seiner Verteidiger wird Berlusconi nicht vor Gericht erscheinen. Im Fall Mills könnte Berlusconi eine schnelle Verurteilung drohen.
In der vergangenen Woche war bereits der Mediaset-Prozess wieder aufgenommen worden, in dem es um Steuervergehen beim Verkauf von Film- und TV-Rechten geht. Am 6. April beginnt das spektakulärste Verfahren gegen den „Cavaliere“ im Fall „Ruby“. Dabei geht es um Amtsmissbrauch und Sex mit einem minderjährigen Escort-Girl. Berlusconi gab sich am Donnerstag gewohnt unerschütterlich: Er freue sich schon darauf, „im Gerichtssaal den Italienern endlich zu erklären, wie es wirklich um die Dinge steht“. (dpa/afp)