Ministerpräsident Netanjahu will den Baustopp nicht verlängern. Die Diskussion sowie neue Gewalt gefährden die Friedensgespräche.
Tel Aviv. Israel will den Baustopp für jüdische Siedlungen im Westjordanland in seiner derzeitigen Form nicht verlängern und gefährdet damit die erst Anfang des Monats neu gestarteten Friedensgespräche mit den Palästinensern. Das Moratorium werde nach seinem Auslaufen Ende September nicht beibehalten, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Sonntag. Es werde aber verschiedene Beschränkungen geben. Das Ende des zehnmonatigen Baustopps ist derzeit das größte Hindernis bei den Nahost-Verhandlungen , die am Dienstag fortgesetzt werden sollen.
Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat mehrfach mit einem Abbruch der Gespräche gedroht, sollte Israel das Moratorium nicht erneuern. Die Palästinenser forderten ein komplettes Einfrieren des Siedlungsbaus in dem Autonomiegebiet, sagte Netanjahu am Sonntag. “Das wird nicht geschehen.“ Israel werde einerseits weder “Zehntausende Wohneinheiten, die in der Pipeline sind“, bauen, aber andererseits auch nicht das Leben der Siedler blockieren, erklärte der Regierungschef gegenüber dem Nahost-Sondergesandten Tony Blair. Er trifft am Dienstag mit Abbas zu weiteren direkten Gesprächen zusammen.
Bei der wöchentlichen Kabinettssitzung am Sonntag forderte Netanjahu von den Palästinensern die Anerkennung Israels als jüdischer Staat. Ein solcher Schritt sei zwar keine Bedingung für die Fortsetzung der Gespräche, aber “die wirkliche Basis“ für ein Ende des Konflikts, sagte Ministerpräsident. Zugleich zeigte er sich enttäuscht darüber, dass die Palästinenser sich einer solchen Entscheidung bislang verweigert hätten.
Der palästinensische Unterhändler Nabil Schaath sagte, Israel benutze die Forderung nach Anerkennung als jüdischer Staat als Vorwand dafür, sowohl den palästinensischen Bürgern vollumfängliche Rechte als auch palästinensischen Flüchtlingen ein Rückkehrrecht zu verweigern. Die israelischen Araber machen rund 20 Prozent der israelischen Bevölkerung aus. “Wir bestreiten nicht, dass es in Israel mehrheitlich Juden gibt“, sagte Schaath. “Aber wir bestreiten ihre Forderung, dass wir das Jüdische anerkennen, wenn es heute eineinhalb Millionen palästinensische Christen und Muslime gibt, die Bürger Israels sind“, erklärte der Unterhändler.
An dem Treffen im ägyptischen Badeort Scharm-el-Scheich am Dienstag nehmen neben Netanjahu und Abbas auch US-Außenministerin Hillary Clinton und der amerikanische Sondergesandte für den Nahen Osten, George Mitchell, teil. Am Mittwoch sollen die Verhandlungen in Jerusalem fortgesetzt werden, außerdem will vermutlich kommende Woche US-Präsident Barack Obama am Rande der UN-Vollversammlung mit Abbas und Netanjahu sprechen. Clinton bezeichnete die neuen Nahost-Verhandlungen am Wochenende als möglicherweise letzte Chance für Israelis und Palästinenser.
Unterdessen haben israelische Soldaten am Sonntag den Gazastreifen beschossen und nach Angaben der Hamas drei Palästinenser getötet. Fünf Menschen seien bei dem Panzerangriff verletzt worden, sagten Sicherheitskräfte der radikalislamischen Organisation. Die Streitkräfte erklärten, militante Palästinenser hätten nahe der israelischen Grenze eine Panzerfaust abfeuern wollen.
In der Gegend kommt es immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen beiden Seiten. Nach israelischen Angaben versuchen Palästinenser, die Grenze zu überqueren oder dort Sprengsätze zu deponieren. Die Palästinenser machen geltend, Israel wolle ein groß angelegtes Sperrgebiet im Gazastreifen durchsetzen und werfen den Truppen vor, auf Zivilisten zu schießen.