Der Abschuss eines türkischen Militärjets durch Syrien sorgte für Antipathien. Offenbar wurde eine zweite türkische Maschine attackiert.

Luxemburg/Istanbul. Syrien hat nach Angaben der Türkei ein weiteres türkisches Flugzeug angegriffen. „Die Maschine wurde zu Beginn unserer Rettungsaktion für die nach dem Beschuss (eines Militärjets) abgestürzten Piloten attackiert“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Ankara der Deutschen Presse-Agentur. Syrische Streitkräfte hatten am Freitag eine türkische F4-Phantom-Maschine vor der syrischen Küste abgeschossen. Die Außenminister der 27 EU-Staaten verurteilten das Vorgehen Syriens scharf. An diesem Dienstag kommt der Nato-Rat in Brüssel zu einer Sondersitzung zusammen. In New York tagt der UN-Sicherheitsrat.

Man habe die syrischen Stellen sofort darüber informiert, dass es sich um Rettungsflüge handelte, berichtete der Ministeriumssprecher in Ankara am Montag weiter. Die Syrer hätten ihre Angriffe daraufhin eingestellt. Der türkische Vize-Regierungschef Bulent Arinc betonte am Abend in einem Fernsehauftritt, sein Land habe keine kriegerischen Absichten gegenüber dem Nachbarland. „Wir werden weiterhin mit kühlem Kopf agieren“, sagte auch der Ministeriumssprecher der dpa. Die Suche nach den vermissten Crewmitgliedern der am Freitag abgeschossenen Maschine gehe weiter.

Der Abschuss sei „inakzeptabel“, heißt es in einer am Montag in Luxemburg veröffentlichten Erklärung der EU-Minister. Damaskus wurde aufgefordert, bei der Aufklärung des Zwischenfalls vom Freitag vor der syrischen Küste umfassend mit der Türkei zusammenzuarbeiten.

„Selbst wenn es eine vorübergehende Verletzung des Luftraums Syriens gegeben haben sollte, so rechtfertigt das einen solchen Abschuss nicht. Das ist unverhältnismäßig“, sagte Außenminister Guido Westerwelle. Deutschland beteilige sich nicht an Spekulationen über eine militärische Intervention in Syrien: „Deeskalation ist jetzt das Gebot der Stunde.“ Es gehe darum, „einen Flächenbrand, einen Stellvertreterkrieg in der Region“ zu vermeiden.

Die Türkei hat eine Sondersitzung des Nato-Rats beantragt. Das Gremium der 28 Nato-Botschafter tagt an diesem Dienstag in Brüssel. Ein militärisches Eingreifen in Syrien stehe allerdings nicht zur Debatte, verlautete von Nato- und EU-Diplomaten. Die EU-Außenminister fügten außerdem der Liste von syrischen Unternehmen und Organisationen, denen Geschäfte mit der EU verboten sind und deren Vermögen in der EU eingefroren werden, neue Namen hinzu.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief den Sicherheitsrat zu Einigkeit und Entschlossenheit im Umgang mit Syrien auf. Dabei erinnerte er an Beispiele mit Kampfeinsätzen. „In Libyen haben internationale Streitkräfte eingegriffen, um eine klare Bedrohung für Zivilisten abzuwenden“, sagte Ban vor dem Sicherheitsrat in New York. Am Dienstag wollte der UN-Sicherheitsrat erneut über den Syrien-Konflikt beraten. Konkrete Schritte wurden jedoch nicht erwartet.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) forderte erneut ungehinderten Zugang zu Notleidenden in der umkämpften syrischen Stadt Homs. Die seit Monaten dort eingeschlossenen Zivilisten bräuchten mehr denn je Hilfe, erklärte IKRK-Präsident Jakob Kellenberger in Genf. In der vergangenen Woche hatten Rotkreuz-Helfer mehrfach vergeblich versucht, in Stadtgebiete von Homs zu gelangen, in denen Hunderte Zivilisten eingeschlossen sind, unter ihnen viele Verwundete und Kranke.

Indes setzten sich ein General und zwei Obristen der syrischen Armee in die Türkei ab. Die drei Offiziere waren in einer Gruppe von 33 Deserteuren, die mit ihren Familien die Türkei erreichen konnten, meldete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Ihnen wurden Plätze in einem Flüchtlingslager in der südlichen türkischen Provinz Hatay zugewiesen.

Bei Gewalthandlungen wurden auch am Montag in Syrien binnen weniger Stunden wieder mindestens 20 Menschen getötet, wie Aktivisten berichteten. Am Sonntag kamen nach diesen Angaben 64 Menschen ums Leben. Truppen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad beschossen am Montag die Damaskus-Vorstadt Duma, Homs und Wohngebiete in der nordöstlichen Provinz Deir as-Saur. Aus Duma setzte nach Oppositionsangaben eine Fluchtwelle von Zivilisten ein. (dpa/abendblatt.de)