Der Nordatlantikrat des Militärbündnisses werde am Dienstag in Brüssel zu einer Sondersitzung zusammenkommen, teilte NATO-Sprecherin Oana Lungescu am Sonntag mit. Dabei werde das höchste Entscheidungsgremium der NATO darüber entscheiden, ob auf den Abschuss reagiert werde. Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat den Abschuss als „unverhältnismäßig“ verurteilt, zugleich aber zu Besonnenheit aufgerufen. „Deeskalation ist entscheidend“, sagte er
Ankara. Nach dem Abschuss eines türkischen Kampfjets durch Syrien soll sich auf Wunsch der Regierung in Ankara die NATO mit dem Zwischenfall befassen. Der Nordatlantikrat des Militärbündnisses werde am Dienstag in Brüssel zu einer Sondersitzung zusammenkommen, teilte NATO-Sprecherin Oana Lungescu am Sonntag mit. Dabei werde das höchste Entscheidungsgremium der NATO darüber entscheiden, ob auf den Abschuss reagiert werde.
Die Einberufung der Sitzung beruht auf Artikel IV des Nordatlantikvertrags, wie Lungescu erklärte. Demzufolge kann jeder Bündnispartner Beratungen beantragen, wenn er der Ansicht ist, dass seine „territoriale Unversehrtheit, politische Unabhängigkeit oder Sicherheit gefährdet ist“.
Zum bisher letzten Mal hatte sich vor neun Jahren ein NATO-Mitgliedsland auf Artikel IV berufen. Auch damals war es die Türkei gewesen, nachdem die Spannungen mit dem Nachbarland Irak sich verschärft hatten. Allerdings war daraufhin nicht Artikel V in Kraft getreten, demzufolge ein Angriff auf ein NATO-Land als Angriff auf alle NATO-Staaten angesehen wird. Auch diesmal rechnen Beobachter nicht damit, dass die Weltgemeinschaft von ihrem diplomatischen Ansatz der Krisenbewältigung abgehen wird und militärisch gegen Syrien vorgeht.
Westerwelle ruft zur Deeskalation auf
Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat den Abschuss des türkischen Kampfjets durch die syrischen Streitkräfte als „unverhältnismäßig“ verurteilt, zugleich aber zu Besonnenheit aufgerufen. „Deeskalation ist entscheidend“, sagte er vor Beratungen mit seinen EU-Kollegen am Montagmorgen in Luxemburg. Er sei von dem Vorfall „sehr betroffen“. Selbst wenn die Türkei kurzzeitig syrischen Luftraum verletzt habe, sei der Abschuss „nicht akzeptabel“, sagte Westerwelle, denn es habe offenbar keine Vorwarnung gegeben. Es sei richtig, dass sich am Dienstag auch die NATO mit dem Thema befasse. Er appellierte aber auch an die Türkei, es „bei der Linie der Vernunft zu belassen“.
Clinton spricht von „Missachtung internationaler Normen“
Der Abschuss des türkischen Flugzeugs, den Syrien als Versehen bezeichnete, wurde international scharf kritisiert. „Die Vereinigten Staaten verurteilen diese dreiste und inakzeptable Tat aufs Schärfste“, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton am Sonntag. „Sie spiegelt einmal mehr die kaltschnäuzige Missachtung internationaler Normen, menschlichen Lebens, des Friedens und der Sicherheit durch die syrischen Behörden wider.“
Ebenso wie Clinton stellte auch der britische Außenminister William Hague eine Einschaltung des UN-Sicherheitsrats in Aussicht. „Dieser ungeheuerliche Vorgang unterstreicht, wie weit sich das syrische Regime von akzeptiertem Verhalten entfernt hat, und ich verurteile das rückhaltlos“, sagte Hague.
Türkei räumt Verletzung des syrischen Luftraums ein
Die türkische Regierung, einer der schärfsten Kritiker des Regimes von Präsident Baschar Assad, übermittelte eine offizielle Protestnote an Syrien. Außenminister Ahmet Davutoglu betonte am Sonntag, dass das Flugzeug nicht auf einer Spionagemission gewesen sei. Es habe sich lediglich um einen Übungsflug gehandelt, um die Möglichkeiten der türkischen Radarüberwachung zu testen. Er gestand ein, dass die Maschine versehentlich für kurze Zeit durch syrischen Luftraum geflogen sei. Sie sei aber bereits mehr als einen Kilometer innerhalb des internationalen Luftraums gewesen, als sie am Freitag getroffen wurde, sagte Davutoglu.
Die amtliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, das Wrack des RF-4E-Aufklärungsflugzeugs sei am Sonntag im Mittelmeer in 1.300 Meter Tiefe geortet worden. Von offizieller Seite wurde das zunächst nicht bestätigt. Die beiden Piloten wurden weiterhin vermisst.
Mit Material von dapd