Nordkorea hat sich mit dem gescheiterten Raketenstart international blamiert und weiter isoliert. Experten rechnen nun mit einem Atomtest.
Berlin/Seoul. Das nordkoreanische Regime hat sich mit dem gescheiterten Start der Trägerrakete blamiert und scharfe Kritik geerntet. Das Regime in Pjöngjang räumte das Scheitern am Freitag bereits wenige Stunden nach dem Absturz ins Gelbe Meer ein. Angeblich sollte ein Satellit ins All geschossen werden. Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon hat den Raketenstart als Bedrohung für die Stabilität der Region kritisiert. „Der Start ist eine direkte Verletzung der Resolution 1874 des Uno-Sicherheitsrates“, teilte der Uno-Generalsekretär am Freitag in Genf mit. Mit dieser Resolution vom Juni 2009 hatte der Sicherheitsrat einen nordkoreanischen Atomwaffenversuch scharf verurteilt und verlangt, keine weiteren Raketentests durchzuführen. Die Bundesregierung bezeichnete den Versuch als „deutliche Provokation“. Der Weltsicherheitsrat sollte am Freitag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen. Experten rechnen als nächstes mit einem Atomtest Nordkoreas.
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Südkoreas Verteidigungsministerium teilte mit, die mehrstufige Rakete sei schon kurz nach dem Abheben in der Luft explodiert. Die Trümmerteile stürzten ins Meer. Der Satellit in der Trägerrakete Unha-3 habe nicht die vorgesehene Erdumlaufbahn erreicht, berichteten Nordkoreas Staatsmedien, ohne Details zu nennen. „Wissenschaftler, Techniker und Experten“ untersuchten die Gründe des Fehlschlags. Auch im staatlichen Fernsehen wurde über den Fehlschlag berichtet.
Ban Ki Moon forderte Nordkorea auf, die Spannungen in der Region nicht durch weitere provozierende Aktionen zu erhöhen. Stattdessen müsse die Regierung Nordkoreas an der Vertrauensbildung zu den Nachbarstaaten arbeiten und die Lebensqualität der Menschen im Land verbessern. Die Bundesregierung hat den Raketentest trotz des Scheiterns als „deutliche Provokation“ kritisiert. „Nordkorea hat damit gegen Vorgaben des Sicherheitsrats verstoßen“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag in Berlin. Das Land habe sich mit dem Schritt weiter isoliert. Die Bundesregierung rufe Nordkorea dazu auf, auf weitere Raketentests zu verzichten, seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen und sein Atomwaffenprogramm aufzugeben.
Auch die Nato hat den missglückten Raketenversuch als „klaren Bruch der Resolutionen des Uno-Sicherheitsrates“ verurteilt. Nato-Sprecherin Oana Lungescu sagte am Freitag in Brüssel, der Startversuch untergrabe die Bemühungen um eine Verringerung der Spannungen und um mehr Transparenz auf der koranischen Halbinsel und in der gesamten Region. „Nordkorea sollte seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen und seine Verstöße gegen Resolutionen des Uno-Sicherheitsrates beenden“, sagte Lungescu.
Die Uno-Vetomacht Russland hat den nordkoreanischen Raketenstart „bedauert“, zugleich aber Zwangsmaßnahmen gegen das stalinistisch geführte Nachbarland abgelehnt. Der Weltsicherheitsrat müsse eine „ausgewogene“ Entscheidung treffen, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Freitag in Moskau. „Wir glauben nicht an neue Sanktionen. Sie tragen nicht dazu bei, die Situation zu lösen“, sagte Lawrow auf einer im Staatsfernsehen übertragenen Pressekonferenz mit seinen Amtskollegen aus China und Indien. Das Ziel müsse weiterhin sein, im Streit um Nordkoreas Atomprogramm die internationalen Verhandlungen unter Beteiligung der USA wieder aufzunehmen.
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Auch der chinesische Außenminister Yang Jiechi rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Es dürften keine Schritte unternommen werden, die die Sicherheit auf der koreanischen Halbinsel gefährdeten. Die internationale Gemeinschaft müsse gemeinsam für Frieden und Stabilität in der Region sorgen. China ist der engste Verbündete Nordkoreas. Bei der geplanten Sitzung des Weltsicherheitsrats am Freitag wird es aller Voraussicht nach zu einer formellen Verurteilung Nordkoreas kommen, hieß es in New York.
Ein Nordkorea-Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung in Seoul, Norbert Eschborn, warnt davor, die Technologie des Landes zu unterschätzen. „Ich würde das jetzt nicht für die gesamte technische Qualität Nordkoreas nehmen“, sagte Eschborn am Freitag. Machthaber Kim Jong-un lasse sich den technologischen Fortschritt einiges kosten. „In Südkorea gibt es Berechnungen, dass die Kosten des Starts gleichzusetzen sind mit den Aufwendungen für die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung für ein ganzes Jahr.“ In Südkorea habe man die Bruchlandung der Rakete durchaus mit Schadenfreude aufgenommen, sagte Eschborn. Er „traue der nordkoreanischen Technologie im Atombereich und im Raketenbereich mehr zu“.
Der gescheiterte Raketenstart dürfte nach Ansicht von Beobachtern einen ernsten Gesichtsverlust für Nordkorea bedeuten. Nach einem angeblichen Satellitenstart vor drei Jahren hatte Nordkorea noch einen Erfolg vermeldet. Andere Länder hatten auch damals von einem Fehlschlag gesprochen. Nach Angaben Nordkoreas sollte mit dem jetzigen Start der 100. Geburtstag des als Staatsgründer und „ewigen Präsidenten“ verehrten Kim Il-sung an diesem Sonntag gefeiert werden. Zugleich ist Nordkorea dabei, die Stellung des neuen Machthabers Kim Jong-un zu festigen. Dieser wurde am Freitag bei der Jahressitzung des Parlamentes zum Ersten Vorsitzenden der Nationalen Verteidigungskommission ernannt. Sein Vater erhielt den Titel „Vorsitzender für die Ewigkeit“. Die Nationale Verteidigungskommission ist das wichtigste Führungsgremium des kommunistischen Staates. Die Entscheidung wurde wenige Stunden nach einem misslungenen Raketenstart bekannt gegeben. Am Mittwoch war der noch nicht 30-Jährige Kim Jong-un unter anderem zum ersten Sekretär der herrschenden Arbeiterpartei und damit praktisch zum Parteichef ernannt worden.
Nordkorea hatte erklärt, den Beobachtungssatelliten Kwangmyongsong-3 („Heller Stern“) auf eine Erdumlaufbahn bringen zu wollen. Dort sollte der Satellit zwei Jahre lang unter anderem zur Wälder- und Wetterbeobachtung genutzt werden. Die provokativen Aktionen Nordkoreas verletzten internationales Recht, hieß es in einer in der Nacht zum Freitag verbreiteten Erklärung der US-Regierung. Sie warf Nordkorea vor, sich durch das Raketenprogramm nur weiter zu isolieren und Geld für Waffen und Propaganda-Inszenierungen auszugeben, während das Volk hungere. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach von einer „flagranten Verletzung internationaler Verpflichtungen“ durch die nordkoreanische Regierung.
Mit Material von dpa/dapd