Erneut hat sich ein tibetischer Mönch im Südwesten des Landes aus Protest gegen die chinesische Staatsmacht auf offener Straße verbrannt.

Peking/Washington. Erneut hat ein junger tibetischer Mönch in Südwestchina seinen Protest gegen Chinas Staatsmacht mit Selbstverbrennung auf offener Straße ausgedrückt. Der Vorfall passierte nur einen Tag vor dem Treffen des chinesischen Vizepräsidenten Xi Jinping mit US-Präsident Barack Obama an diesem Dienstag in Washington. Xi Jinping soll im Herbst zum neuen Parteichef der Staatspartei aufsteigen. Der Besuch des Spitzenpolitikers in den Vereinigten Staaten ist überschattet von Protesten gegen das chinesische Vorgehen gegen die Tibeter.

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Bei der neuen Selbstverbrennung habe sich der 19-jährige Lobsang Gyatso aus dem Kirti Kloster am Montag auf der Hauptstraße von Aba (Provinz Sichuan) mit Benzin übergossen und angezündet, berichteten exiltibetische Quellen und die Aktionsgruppe International Campaign for Tibet (ICT). Sein Schicksal sei ungeklärt. Der 19-Jährige, der als guter Student beschrieben wurde, habe noch Parolen gegen die chinesische Regierung gerufen. Chinesische Sicherheitskräfte hätten die Flammen gelöscht und ihn dabei „schwer geschlagen“. Dann sei der 19-Jährige weggebracht worden. Zwei Tibeter, die dem jungen Mönch noch helfen wollten, seien ebenfalls geschlagen worden. Einer sei mit Hilfe anderer Tibeter entkommen, während der andere am Kopf und Arm blutend abgeführt worden sei, berichtete die exiltibetische Webseite phayul.com.

Nach amerikanischen Angaben sollen die „großen Sorgen“ der USA über die Lage der Tibeter bei den Gesprächen des kommenden chinesischen Führers in Washington eine Rolle spielen. Aktionsgruppen appellierten an die US-Regierung, sich bei Xi Jinping für eine Wende in der chinesischen Tibet-Politik einzusetzen. Aktivisten enthüllten am Montag ein riesiges Banner mit der Aufschrift „Xi Jinping: Tibet wird frei“ an der Arlington-Memorial-Brücke über den Potomac.

Seit den schweren Unruhen der Tibeter 2008 ist die Lage in den tibetisch bewohnten Regionen Chinas angespannt. Tibeter beklagen Festnahmen, Unterdrückung und scharfe Sicherheitsmaßnahmen. Empörung löst auch immer wieder die „patriotische Erziehungskampagne“ aus, denen sich tibetische Mönche zwangsweise unterziehen müssen. Die Kontrolle über die Klöster wurde verschärft. Aus Protest gegen das chinesische Vorgehen haben sich seit einem Jahr schon mehr als 20 Tibeter selbst verbrannt. Die exiltibetische Regierung im indischen Dharamsala sieht ein Zeichen wachsender Verzweiflung. Erst am Sonnabend war eine 19-jährige Nonne bei einer Selbstverbrennung in Aba (tibetisch: Ngaba) ums Leben gekommen. Wie Aktionsgruppen berichteten, sind die Sicherheitsvorkehrungen noch verschärft worden. Chinesische Sicherheitskräfte kontrollierten und durchsuchten Tibeter an Straßensperren in der Stadt.

Die Nachricht von der neuen Selbstverbrennung fiel auch zusammen mit den Gesprächen von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Dienstag auf dem EU-China-Gipfel in Peking. Ob die Lage der Tibeter dabei angesprochen wurde, war zunächst unklar.

Mit Material von dpa