Im Atomstreit wächst das Misstrauen. Außenminister Westerwelle und Verteidigungsminister Guttenberg sprechen von taktischen Spielchen.
München. Der Iran will mit einem neuen Angebot im Atom-Streit verspieltes Vertrauen zurückgewinnen. Doch der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki erntete dafür am Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz weit mehr Misstrauen als Wohlwollen.
Als taktische Spielchen taten Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die Vorschläge ab. Die USA und die westliche Welt bieten dem Iran grundsätzlich weiter Kooperation an. Aber dafür muss der verfeindete Gottesstaat den Verdacht ausräumen, die Atombombe zu bauen. China und Russland plädieren für Verhandlungen und Geduld. Neue Strafmaßnahmen sind für Peking und Moskau derzeit offensichtlich keine Option.
Das Thema Iran beherrschte auch am Samstag das Treffen von mehr 300 Spitzenpolitikern, ranghohen Militärs, Wissenschaftlern und Managern. Für Sonntag stand noch eine Diskussionsrunde über Afghanistan auf dem Programm. Auf den Straßen Münchens schützten mehr als 3700 Polizisten die Veranstaltung. Zu einer Protestkundgebung gegen die Konferenz kamen nach Angaben der Polizei 650 Menschen. Die Veranstalter hatten mit 5000 Teilnehmer gerechnet.
Der kurzfristig angereiste Mottaki hatte in einer für die Sicherheitskonferenz beispiellosen Nachtsitzung am späten Freitagabend erklärt, sein Land habe den Willen zur Konfliktlösung. Das beeindruckte Westerwelle offensichtlich wenig: „Unsere Hand bleibt ausgestreckt, aber bisher greift sie ins Leere.“ Guttenberg sprach von „Schauspiel“ und „rhetorischen Finessen“ nach den Auftritten Mottakis. Er sieht den UN-Sicherheitsrat am Zug, um gegebenenfalls die Sanktionen gegen den Iran zu verschärfen.
Der Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, James Jones, stimmte zu. Sollte die Führung in Teheran ihr Atomprogramm nicht offenlegen, drohten schärfere Strafmaßnahmen und Isolation. Mottaki erläuterte den Vorschlag seines Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Der hatte sich Anfang der Woche grundsätzlich dazu bereiterklärt, schwach angereichertes Uran im Ausland weiter anreichern zu lassen und das Verfahren damit unter internationale Kontrolle zu stellen. Lange hatte der Iran diesen Weg angelehnt.
Allerdings stellte Mottaki nun Bedingungen: „Es müssen Garantien für beide Seite da sein.“ Es gehe darum, drei Punkte zu klären: Übergabeort, Menge des aufzubereitenden Urans im Ausland und die Zeit, die dafür nötig ist. Geht es nach dem Iran, verläuft das Geschäft parallel: Für das abgelieferte Uran stellt die Staatengemeinschaft bei der Übergabe möglichst dieselbe Menge höher angereichertes Material bereit. Die Brennstäbe sollen in einem Forschungsreaktor in Teheran eingesetzt werden, wo nach Angaben des Irans medizinische Produkte beispielsweise für die Krebsbehandlung gewonnen werden.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow zeigte Verständnis für Teheran. Der Iran habe „legitime Sorgen um seine Sicherheit“. „Ich glaube nicht, dass wir die Nuklearfrage lösen können, wenn wir ignorieren, was in dieser Region und auch zwischen Israel und den Arabern passiert“, sagte Lawrow. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton setzt noch auf Verhandlungen:„Die Möglichkeiten zum Dialog sind noch nicht erschöpft“, sagte sie.
Eher kurz und mit wenig neuen Impulsen verliefen die anderen Konferenzdebatten über mehr Sicherheit in der Welt. Jones beschwor das transatlantische Bündnis als Herzstück für die Sicherheit in Europa und Nordamerika. Die Beistandspflicht der NATO im Fall eines Angriffs auf einen Alliierten sei heilig. Russland machte einmal mehr klar, dass in Europa seit dem Ende des Kalten Krieges noch immer ein „Block-Denken“ herrsche. Der russische Präsident Dmitri Medwedew fordert eine neue sicherheitspolitische Ordnung auf dem Kontinent. „Die zentrale Frage ist doch, will der gemeinsame europäische Raum wirklich geeint oder in Einflusszonen und -sphären geteilt“, sagte Lawrow.
Jones reagierte zurückhaltend: Der russische Vorschlag enthalte wichtige Ansätze. Die USA seien zu konstruktiven Gesprächen bereit. Westerwelle forderte den Aufbau einer europäischen Armee: „Die Europäische Union muss ihrer politischen Rolle als globaler Akteur gerecht werden.