Die Verzweiflung vieler Überlebender in Haitis Hauptstadt schlägt zunehmend in Gewalt um. Immer häufiger kommt es zu Plünderungen.
Port-au-Prince. Die haitianische Regierung hat fünf Tage nach dem Erdbeben den Ausnahmezustand ausgerufen. Die Maßnahme soll vorerst bis Ende des Monats aufrechterhalten werden. Nach einem Treffen zwischen Vertretern der Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen wurde zudem beschlossen, außerhalb der Stadt Flüchtlingslager zu errichten. Die Menschen, die bis jetzt auf Plätzen und in Parks kampieren, sollten dort hingehen.
Die Gebäude in der Hauptstadt Port-au-Prince sind zu mehr als 60 Prozent zerstört oder schwer beschädigt. Die zerstörten Gebäude sollen eingerissen und der Schutt weggeschafft werden.
Unterdessen schlägt die Verzweiflung vieler Überlebender zunehmend in Gewalt um. Immer häufiger kommt es zu Plünderungen. Am Alten Markt im Stadtzentrum ging die Polizei mit Tränengas gegen hunderte von steinewerfenden Plünderern vor. Mit Lastwagen fuhren die Sicherheitskräfte in die Menge und versuchten so, die Menschen auseinanderzutreiben.
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In vielen Straßen der in Trümmern liegenden Stadt waren Gewehrschüsse zu hören. Vermummte junge Männer zogen mit Macheten durch die Stadtviertel. Die Behörden warnten davor, dass sich die Gewalt weiter ausbreiten könnte. Mindestens zwei Plünderer wurden bereits von Anwohnern zusammengeschlagen und erschossen. Auch gegen Präsident Rene Preval richtet sich der Zorn der Menschen. Bislang ließ sich Preval weder bei den Rettungskräften sehen, noch wandte er sich seit dem Beben direkt an das Volk. Deshalb mehren sich die Rufe nach einer Rückkehr von Jean-BertrandAristide, der 2004 abgesetzt wurde und derzeit im Exil in Südafrika lebt.
Die Rettungskräfte finden noch immer weiter Überlebende. Allerdings sinkt die Chance für die Verschütteten von Stunde zu Stunde dramatisch. Unter den Trümmern eines eingestürzten Hotels entdeckten Helfer mit Suchhunden ein 16 Jahre altes Mädchen und bargen es. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben mehr als 1.700 Rettungskräfte bislang über 70 Menschen lebend aus den Trümmern gerettet.