Chinesische Google-Seiten werden massiv zensiert, E-Mail-Konten gehackt. Der Internetkonzern will das nicht länger hinnehmen.

Mountain View. Der Internetkonzern Google will sich nicht länger den Zensur-Forderungen der chinesischen Regierung beugen und nimmt dafür auch einen Rückzug aus dem Zukunftsmarkt in Kauf. Auslöser der Kehrtwende war nach Google-Angaben ein massiver Hacker-Angriff aus dem Land im Dezember. Dabei sei versucht worden, in E-Mail-Konten chinesischer Menschenrechtsaktivisten bei Googles Mail-Dienst einzubrechen, berichtete das US-Unternehmen.

Der Hacker-Angriff im Dezember sei allerdings weitgehend erfolglos geblieben, berichtete Google. Die Angreifer hätten sich lediglich Zugang zu zwei E-Mail-Postfächern verschaffen können. Auch dabei hätten sie jedoch nur die Kontoinformationen und die Betreffzeilen der E-Mails einsehen können, nicht aber ihren Inhalt. Zugleich schrieb Googles Chefjustitiar David Drummond ohne weitere Details zu nennen, dass geistiges Eigentum von Google entwendet worden sei. Die weiteren angegriffenen Unternehmen seien in unterschiedlichen Branchen tätig: Internet, Technologie, Finanzen, Medien, Chemie. Bei den anschließenden Ermittlungen habe Google ähnliche Hacker-Angriffe auf mindestens 20 weitere große Unternehmen entdeckt.

Als Reaktion wolle Google nicht länger die Suchergebnisse auf seiner chinesischen Seite entsprechend der Vorgaben der Behörden zensieren. „Wir sind uns bewusst, dass dies bedeuten kann, dass wir die Website Google.cn und möglicherweise auch unsere Büros in China schließen müssen“, schrieb Drummond im Firmenblog. Der Internet-Konzern wolle in den kommenden Wochen in Gesprächen mit chinesischen Behörden klären, ob die lokale Suchmaschine ohne Zensur betrieben werden kann.

Google hatte die chinesische Seite im Januar 2006 gestartet und musste dafür – wie andere Internet-Unternehmen – eine Zensur einführen. Suchergebnisse zu politisch heiklen Themen wie die blutige Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens werden gefiltert. Das brachte Google viel Kritik von Menschenrechtlern ein. Das Unternehmen verteidigte sich bisher damit, dass der Zugang der Chinesen zu mehr Information die Nachteile einer selektiven Zensur überwiege. China mit seiner riesigen Bevölkerung und rapide wachsenden Wirtschaft gilt als wichtiger Zukunftsmarkt, auch im Kerngeschäft von Google, der Internet-Werbung.

Google betreibt zwar die weltweit meistgenutzte Suchmaschine, liegt in China aber immer noch hinter dem einheimischen Anbieter Baidu zurück. Der Betrieb von Baidu war am Dienstag ebenfalls durch einen Hacker-Angriff beeinträchtigt worden.

Hacker-Angriffe mit politischer Verwicklung hat es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben. So waren Computer der baltischen Republik Estland im Sommer 2007 während eines Streits mit dem großen Nachbarn Russland fast drei Wochen lang unter Beschuss. Im vergangenen Jahr legte ein Angriff auf das Twitter-Konto eines georgischen Bloggers zeitweise den gesamten Kurznachrichtendienst lahm. Auch deutsche und amerikanische Regierungscomputer wurden bereits angegriffen.

Westliche Sicherheitsdienste sprechen von einem „Cyber-Krieg“, die NATO betreibt eine Spezialeinheit, um Angriffe aus dem Internet abwehren zu können. Immer wieder hatte es Berichte über „rote Hacker“ im Dienste Pekings gegeben, die chinesischen Behörden weisen sie jedoch zurück.