Befürchtungen im Westen und Israel, die neue Atomanlage im Iran diene militärischen Zwecken, erhielten am Wochenende neue Nahrung.
Teheran/Jerusalem. Erst war ihre Existenz verschwiegen worden, jetzt spricht man in Teheran davon, dass nichts Geheimes an der Anlage dran sei. Fakt ist aber: Die Nachricht von einer neuen Atomanlage im Iran hat die Spannungen in der Krisenregion Mittlerer Osten zusätzlich angeheizt. Israel, das schon seit langem eindringlich vor einer iranischen Atombombe warnt, drängt die USA zum Handeln. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. US-Präsident Barack Obama schloss einen Militäreinsatz unterdessen nicht aus.
Er bevorzuge aber nach wie vor eine diplomatische Lösung, sagte Obama nach Abschluss des G-20-Gipfels in Pittsburgh. Er warnte die iranische Führung vor einem Konfrontationskurs. Die Staatengemeinschaft sei im Streit um das iranische Atomprogramm nie so geschlossen gewesen wie jetzt.
Der Iran will nach eigenem Bekunden UN-Inspekteuren Zutritt zu der Anlage gewähren. Der Leiter des iranischen Atomprogramms, Ali Akbar Salehi, wies am Sonnabend im staatlichen Fernsehen zugleich den Vorwurf der Täuschung zurück. An der Anlage sei nichts Geheimes, erklärte er.
Befürchtungen im Westen und Israel, die Anlage diene militärischen Zwecken, erhielten am Wochenende neue Nahrung. Ein enger Gefolgsmann des geistlichen Führers im Iran, Ali Chamenei, erklärte, die Anlage bedeute eine Gefahr für alle Gegner der Islamischen Republik. „Diese neue Anlage wird, so Gott will, bald betriebsbereit sein und die Augen der Feinde blenden“, sagte Mohammad Mohammadi Golpajegani.
Die Existenz der Atomfabrik zur Urananreicherung war bislang vom Iran verschwiegen und erst am Montag in einem Schreiben an die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) offenbart worden. Nach iranischer Darstellung soll darin Brennstoff für Atomkraftwerke gewonnen werden. Wann die Inspekteure der IAEA die Atomanlage, die in der Nähe der heiligen Stadt Kom steht, besuchen können, sagte Salehi nicht.
Der israelische Außenminister Avigdor Lieberman sieht dagegen den Beweis erbracht, dass der Iran nach Atomwaffen strebt. Die Anlage diene „ohne Zweifel“ militärischen Zwecken, sagte Lieberman im israelischen Rundfunk.
Die sogenannte Sechsergruppe - USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland - wird vom Iran bei einem für Donnerstag anberaumten Treffen in Genf einen „uneingeschränkten Zugang“ für die IAEA-Inspekteure innerhalb weniger Wochen verlangen, wie aus amerikanischen Regierungskreisen verlautete. Teheran werde ein sogenanntes Transparenz-Paket ausgehändigt bekommen, das den Zugang zu Wissenschaftlern, Dokumenten, Computern und alle Arten von Atomaktivitäten im ganzen Land umfassen soll.
Die iranischen Streitkräfte feuerten am Sonntag bei einem Manöver mehrere Kurzstreckenraketen ab. Es habe sich sich um Geschosse des Typs Fateh-110 und und Tondar-69 gehandelt, berichtete das englischsprachige iranische Pressefernsehen. Die Fateh-Rakete mit einer Reichweite von 200 Kilometern setzen die iranischen Streitkräfte bereits seit Jahren ein. Ein Sprecher der Revolutionsgarde sagte in dem Fernsehbericht, bei dem Manöver der Eliteeinheit würden mehrere Raketensalven auf Ziele abgefeuert.