Es ist der 6. Mai 2016, und in einem kleinen Dorf im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet fasst die US-Armee nach jahrelanger Suche endlich den berühmtesten Terroristen der Welt: Osama Bin Laden.
Paris. "Yes, I speak English" sind die ersten Worte des Al-Qaida-Chefs, als amerikanische Geheimdienstagenten ihn verhören. "Der Prophet hat gesagt, wer die Sprache eines anderen Stammes lernt, schützt sich vor dessen Missetaten." So beginnt der Comicband "Bin Laden - Enthüllt", der in Frankreich in die Buchhandlungen kommt - genau zum Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA. "Man darf nicht nur über Terroristen lachen, es ist sogar wichtig, das zu tun", sagt der französische Autor und Filmemacher Mohamed Sifaoui, der das 100 Seiten starke Buch zusammen mit dem Zeichner Philippe Bercovici entworfen hat. Lachen helfe dabei, den selbst ernannten Messias und Propheten Bin Laden zu entlarven. "Ich wollte ihn auf das zurechtstutzen, was er ist, ein Krimineller, ein Terrorist", sagt Sifaoui, der sich seit rund 20 Jahren beruflich mit Fundamentalismus beschäftigt und mehrere (ernste) Bücher über das Thema geschrieben hat. "Mich überrascht es immer wieder, wie sehr die Leute ihn mit dem Islam verbinden." Dabei stehe der Al-Qaida-Chef nur "für die Auswüchse dieser Religion".
Sifaoui entmystifiziert ihn, indem er ihn nicht nur als machthungrigen Islamistenführer und Drahtzieher der verheerenden Anschläge zeigt, sondern auch als nackten knollennasigen Mann, der sich mit seinen zahlreichen Ehefrauen im Bett vergnügt. "Vater hatte recht", sagt eine von ihnen im Buch beim Anblick von Bin Ladens Penis. "Nichts, wovor man sich fürchten müsste."
Das wiederum ist nichts, was islamischen Fundamentalisten gefallen dürfte, und wäre folglich ein Grund zur Furcht für Sifaoui. Denn Spott über den Islamistenführer könnte bei radikalen Muslimen schlecht ankommen. Als die dänische Zeitung "Jyllands Posten" vor vier Jahren mehrere Karikaturen des Propheten Mohammed abdruckte, ging eine Welle der Zornausbrüche durch die muslimische Welt. Bei einem Selbstmordanschlag der al-Qaida auf die dänische Botschaft in Pakistan starben im Sommer 2008 sechs Menschen.
Nun ist Bin Laden kein Prophet, und Sifaoui sagt, er habe keine Angst. In Algerien sei er 1996 einem Attentat gegen seine Zeitung entgangen, in Frankreich habe er fünf Jahre lang unter Polizeischutz gestanden. Mehrere Freunde hätten Angehörige bei Anschlägen verloren, sagt der muslimische Schriftsteller und Journalist. Insofern habe er selbst unter Terroranschlägen zu leiden gehabt. Deshalb habe er sich mit dem Buch auf gewisse Weise auch rächen wollen "an diesen verrückten Fundamentalisten, die uns alle bedrohen".
Das Buch sei quasi als "demokratischer Gegenanschlag" auf die islamischen Extremisten gedacht, die den 11. September seit Jahren feierten, sagt Sifaouis Verleger Laurent Muller. Natürlich habe es im Internet Beleidigungen gehagelt, Drohungen gegen den Verlag gebe es aber bislang nicht.