Die Spuren der Kennedys ziehen sich wie Mahnmale durch den Osten und Süden der Vereinigten Staaten.
Washington/Hamburg. Die Spuren der Kennedys ziehen sich wie Mahnmale durch den Osten und Süden der Vereinigten Staaten. John F. Kennedys Geburtshaus in Brookline bei Boston, sein Feriendomizil auf der Halbinsel Cape Cod, das Museum im früheren Schulbuchlager an der Dealey Plaza in Dallas, von dem aus Lee Harvey Oswald 1963 seine tödlichen Schüsse abgab, die nebeneinander liegenden Gräber von John F. und Robert Kennedy auf dem Nationalfriedhof in Arlington sind Wallfahrtsorte für viele liberale Amerikaner und Touristen. Eintragungen in den Gästebüchern zeugen von einer beinahe religiösen Verehrung.
Kein anderer Familienclan in den USA wird so von Mythen und Legenden begleitet. Mit dem Tod des Familienpatriarchen Ted Kennedy scheint der Glanz nun verblasst. Die mächtige Sippe hat sich ihre Popularität mit zwei Argumenten erkauft: schierem Reichtum und Dienst für die Nation. Immer gepaart mit Glamour und Kitsch auf der einen, Drama und Wahnsinn auf der anderen Seite. Joseph P. Kennedy (1888-1969), Sohn irischer Einwanderer, ließ sich vom amerikanischen Traum verzaubern und wurde zum Multimillionär. Die Basis seines Wohlstandes hätte amerikanischer nicht sein können: Wall Street, Whiskey und Hollywood. Der Mann, der Leinwand-Diva Gloria Swanson und andere Berühmtheiten betörte, hat die Womanizer-Gene definitiv vererbt.
Aber für die Karriere wichtiger war die Ehe mit der Tochter des Bürgermeisters von Boston: Rose Kennedy. Geld paarte sich mit Macht. Für den Erfolg, predigte der Alte seinen Kindern, zahlen wir jeden Preis. Die große alte Dame, die 1995 im Alter von 104 Jahren starb, erlebte fast alle Tragödien ihrer Familie mit. "Gott schickt uns keine Last, die wir nicht tragen können", sagte sie. Von ihren neun Kindern ist Jean Kennedy Smith (81), die Zweitjüngste, die letzte Überlebende.
Der Älteste, Joe junior, wurde 1944 über dem Ärmelkanal abgeschossen. John F. Kennedy (1917-1963) erfüllte, was Joe zugedacht wurde - die Präsidentschaft. Tochter Rosemary (1918-2005) lebte nach einer missglückten Hirnoperation anonym in einem Heim. Kathleen (1920-1948) starb bei einem Flugzeugabsturz. Eunice Shriver, die Gründerin der Special Olympics, starb 88-jährig vor 14 Tagen. Patricia Lawford (1924-2006) war mit dem britischen Schauspieler Peter Lawford verheiratet. Robert F. Kennedy (1925-1968) wurde als Präsidentschaftskandidat ermordet. Edward ("Ted") Kennedy, zuletzt Familienpatriarch, saß 47 Jahre im US-Senat.
Seit John F. Kennedy das Weiße Haus mit Glanz und Glamour zum amerikanischen Camelot machte, galt der Clan als Amerikas Adel. Das privilegierte Leben provozierte allerdings auch den Tanz auf dem Vulkan. Der vermeintliche Fluch über der Familie war zu oft nur die Folge bodenlosen Leichtsinns. Unter JFKs Erben gab es Drogentote, Opfer von Skiunfällen, Angeklagte in Mordprozessen und Beteiligte an Sexexzessen. "Die Familie wird unter einem Mikroskop seziert", sagt der US-Historiker James Smith. "Alles, was passiert, kommt auf die Unglücksliste."
Als Jackie Kennedy ihre Rolle als Witwe der Nation mit dem unfassbaren Reichtum des griechischen Reederkönigs Aristoteles Onassis eintauschte, begann sich das Erbe zu verflüchtigen. Die nächsten Generationen blieb blass, Rose Kennedys 29 Enkel und mehr als 50 Urenkel lösten das Versprechen nicht ein. John F. Kennedy junior, der Sohn des Präsidenten, der als "Sexiest Man alive" galt und als Herausgeber des Magazins "George" gerade über eine politische Karriere nachdachte, stürzte am Steuer eines Privatflugzeuges im Nebel vor Cape Cod ins Meer. Seine Schwester Caroline (51) scheiterte mit dem Versuch, Nachfolgerin von Hillary Clinton als Senatorin zu werden.
Erfolgreich ist nur Maria Shriver, John F. Kennedys Nichte - als First Lady. Ehemann der Fernsehmoderatorin ist Arnold Schwarzenegger, der Kalifornien als Gouverneur vor der Pleite retten will. Wenn der Republikaner mal wieder mit liberalen Entscheidungen überrascht, flüstern Parteifreunde, das sei Marias Einfluss. Eine Kennedy eben.