Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad gewinnt mit über 62 Prozent die Präsidentschaftswahl im Iran. Sein Herausforderer Mirhossein Mussawi zweifelt das Ergebnis der Wahl jedoch an.

Teheran. Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad hat die Präsidentschaftswahl im Iran nach offiziellen Angaben klar gewonnen. Wie die Wahlkommission mitteilte, erhielt der 52-Jährige nach ersten Teilergebnissen etwa doppelt so viele Stimmen wie sein wichtigster Herausforderer, der moderate Ex-Ministerpräsident Mirhossein Mussawi. Damit lag Ahmadinedschad uneinholbar in Führung, auch wenn noch nicht alle Stimmen ausgezählt waren.

Sein überragendes Abschneiden weckte allerdings umgehend Zweifel an der Richtigkeit der Zahlen. Mussawi sprach von Unregelmäßigkeiten und erklärte sich selbst zum Sieger. Mehrere Iran-Experten im Westen vermuteten Betrug. Viele Wähler hätten ihre Stimme bei dem Urnengang am Freitag nicht abgeben können, obwohl wegen des starken Andrangs die Öffnungszeiten der Wahllokale um vier Stunden verlängert worden waren, sagte Mussawi. Auch sei es zu Verzögerungen bei der Vergabe von Stimmzetteln gekommen, von denen zudem vielerorts zu wenige vorhanden gewesen seien. „Wir sehen uns als die klaren Gewinner“, sagte der Hoffnungsträger vieler Reform-Befürworter auf einer Pressekonferenz in Teheran, die er kurz vor Bekanntgabe der ersten Zahlen angesetzt hatte. „Wir warten das offizielle Ende der Auszählung ab und dass diese Unregelmäßigkeiten aufgeklärt werden.“

Mehrere Experten in den USA sprachen in ersten Reaktionen offen von Betrug. „Ich glaube nicht, dass auch nur irgendjemand dieses Niveau an Betrügerei vorhergesehen hat. Dies war eine Auswahl, keine Wahl“, sagte etwa Karim Sadjapour von der renommierten Carnegie Stiftung für internationalen Frieden in Washington. „Im Nachhinein betrachtet erscheint diese ganze Kampagne als eine Show.“ Der Präsident des Nationalen Iranisch-Amerikanischen Konzils, Trita Parsi, sagte, er glaube nicht, dass die offiziellen Zahlen stimmten. „Es ist eine Sache, wenn Ahmadinedschad die erste Runde mit 51 oder 55 Prozent gewonnen hätte. Aber diese Zahl hört sich extrem seltsam an“, sagte er. Es sei kaum vorstellbar, dass sie ohne Mogeln zustande gekommen sei.

Die meisten Experten hatten im Vorfeld der Wahl damit gerechnet, dass sich keiner der vier zugelassenen Kandidaten in der ersten Runde durchsetzen würde und die Entscheidung stattdessen erst kommende Woche in einer Stichwahl zwischen Ahmadinedschad und Mussawi fallen würde. Nach Angaben der Wahlkommission wurde der Amtsinhaber jedoch nach Auszählung eines Großteils der Stimmen mit mehr als 64 Prozent wiedergewählt. Mussawi kam demnach auf lediglich etwa 32 Prozent. Für einen Sieg waren mindestens 50 Prozent der Stimmen nötig. Die Wahlbeteiligung wurde mit etwa 80 Prozent beziffert - sie lag damit so hoch wie nie zuvor.

Wie der Wahlverlauf von der Bevölkerung aufgenommen wird, war zunächst unklar. Experten warnten vor inneren Unruhen. Am frühen Sonnabendmorgen kam es Augenzeugen zufolge in Teheran zu Handgemengen zwischen Mussawi-Anhängern und Polizeikräften. In der gesamten Hauptstadt wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Versammlungen wurden bis zur Vorlage der endgültigen Ergebnisse verboten. Kurz vor Schließung der Wahllokale klagten einige Einwohner Teherans, dass sie keine internationalen Telefonate mehr führen konnten und einige Internet-Leitungen zusammenbrachen. Das Mussawi-Lager erklärte zudem, es sei nicht mehr möglich gewesen, Handy-Kurznachrichten zu versenden. Im Wahlkampf hatte der Herausforderer ganz im Stile des US-Präsidentschaftswahlsiegers Barack Obama versucht, besonders Jungwähler per SMS im großen Stil zu mobilisieren.

Mussawi waren gute Chancen im Rennen gegen Ahmadinedschad eingeräumt worden, weil er nicht nur bei Reform-Befürwortern wie jungen Wählern, Frauen und Wohlhabenden punkten konnte, sondern auch bei vielen Konservativen, die Ahmadinedschad mit seiner extrem harten Linie verprellte. Dem Hardliner, der wegen seiner Hass-Tiraden gegen Israel und dem Festhalten am Atomprogramm auch Politikern im Westen ein Dorn im Auge ist, machte zudem auch die angeschlagene Wirtschaftslage zu schaffen. Der Iran leidet unter dem Verfall des Ölpreises und erheblich gestiegenen Preisen. Gleichwohl genießt Ahmadinedschad gerade bei der verarmten Landbevölkerung immer noch starken Rückhalt. Dieser verdankt er auch seinen ersten Wahlsieg, als er mit dem Versprechen antrat, die Werte der Islamischen Revolution von 1979 wiederzubeleben.

Im Westen hofften viele Beobachter auf einen Wahlsieg Mussawis. Allerdings hatte auch er wie die anderen Kandidaten keine wirkliche Änderung der Atompolitik in Aussicht gestellt. Sie verwiesen auf das Geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, das über solche Grundsatzfragen zu entscheiden habe.