5000 britische Polizisten schützen das hochrangige Treffen. Sie sehen sich vor einer noch “nie da gewesenen Herausforderung“. Demonstranten riefen: “Die Straßen gehören uns.“
London. Als vor vier Jahren der G8-Gipfel in Schottland tagte, verübten zeitgleich Islamisten in London Anschläge auf Busse und Bahnen. 52 Menschen starben. Für eine derartige Bedrohung gebe es beim G20-Gipfel keine Hinweise, sagte zwar die Polizei diesmal, aber dennoch sieht sie sich vor einer "nie da gewesenen Herausforderung". 5000 Beamte sind im Einsatz, um die 20 Staats- und Regierungschefs zu schützen und die angekündigte Randale zu verhindern. Schon im Vorfeld hatten Gipfel-Gegner zu einem Sturm auf den Finanzdistrikt aufgerufen.
Dementsprechend sah das Bankenviertel gestern auch aus. Es glich einer Burg im Belagerungszustand. Banken und Restaurants versuchten, sich mit Bretterverschlägen zu schützen. Dort, wo normalerweise das Geld regiert, übernahmen für einen Tag Randalierer die Herrschaft. Tausende Gipfel-Gegner legten die Londoner City lahm, das Herz der Finanzbranche. Mit lauten Sprechchören wie "Stürmt die Bank!", "Schande über euch" und Plakaten mit "Kapitalismus funktioniert nicht" zogen gestern schon vor dem eigentlichen Treffen der 20 stärksten Wirtschaftsnationen rund 4000 Demonstranten durch das Viertel mit seinen engen Straßen. Was erst nach Straßenparty unter blauem Himmel aussah, eskalierte aber rasch.
Schon kurz nachdem sich die Mischung aus Anarchisten, Umweltschützern, Kriegsgegnern um die Notenbank mit Spruchbändern, Flaggen und Trillerpfeifen versammelt hatte, kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Mit Gewalt versuchten Hunderte Demonstranten die Bank of England zu stürmen. Später gingen teils vermummte Randalierer und Polizisten mit Stangen und Schlagstöcken aufeinander los. Auf dem Höhepunkt stürmten Krawallmacher eine Filiale der Royal Bank of Scotland - die Bank ist nach einem Rekordverlust in der britischen Firmengeschichte und einer saftigen Pensionszahlung an den Ex-Chef Mittelpunkt der Anti-Banker-Stimmung. Es kam zu hässlichen Gewaltszenen. Eingekesselte Demonstranten schubsten sich hin und her und riefen "Die Straße gehört uns". Wurfgeschosse flogen durch die Luft, Rauch stieg über den Köpfen auf. Scotland Yard rückte mit Bereitschaftspolizisten an und versuchte die Menge in Schach zu halten. Die Folge: Mehrere Leichtverletzte und mehr als 20 Festgenommene. Für die Polizei war das erst ein Vorgeschmack. Insgesamt sind zehn Demonstrationen während des Gipfels in London angekündigt.
Allerdings gab es gestern auch ein anderes Bild. Viele der angereisten Protestierenden feierten eine fröhliche Party, spielten Karten, schlugen Zelte auf und musizierten. Von dem Polizeiaufgebot fühlten sie sich gestört.